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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 5)

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struiren, ohne forschend kühle Prüfung der Dichter nicht objectiv genug 
bleiben, er wird uns statt der Persönlichkeiten der Künstler seine eigene 
geben; der eine wird zu viel, der andere zu wenig in sein Werk hinein- 
legen. Diese Schwierigkeiten haben es verhindert, dass wir so wenig 
wirklich gute Kunstgeschichten besitzen. Und doch würde in unserer 
heutigen Zeit, voll von gegnerischen Bestrebungen, eine solche nach allen 
Seiten hin kliirend wirken. Sie würde dem Streite manches Gehässige 
nehmen können, die Wiedergabe der grossen logischen Entwicklung der 
modernen Kunst möchte manch Kleinliches aus unserer Zeit entfernen. 
In unsere heutige Kunstbewegung tritt nun plötzlich ein Werk, das nicht 
verfehlen wird, so grosses Aufsehen zu machen, wie auf Tagesströmungen 
etwas, das nicht hiefür polemisch zugespitzt, sondern für die Dauer be- 
rechnet ist, überhaupt nur machen kann. Es ist dies das in der Ueber- 
schrift genannte Werk. 
Der Verfasser ist durch seinen mit G. Hirth zusammen herausgegebenen 
sCicerone der alten Pinakothek und der Gemäldegallerie zu Berlina, zdie 
Meisterholzschnitte aus vier Jahrhunderten: , seine xDeutsche Bücher- 
illustration der Gothik und Früh-Renaissance! bereits seit langem bekannt 
geworden. Sein jetziges Werk jedoch ist geeignet, seinen Namen zu einem 
der gefeiertsten in der kunstgeschichtlichen Literatur zu machen. - Er schenkt 
damit unserer Zeit einen wahren Schatz, das Verständniss seiner Kunst. 
Dies Buch wird mithelfen, wieder zu erobern, was im Laufe der 
Zeit von innigen Beziehungen zwischen Kunst und Volk verloren ging, 
wird so manchen Aberglauben, so manches Vorurtheil bekämpfen und 
zerstören, und beitragen zum Ausbau einer nationalen Kunst. Es ist 
grösser angelegt, als ephemere Tendenzen zu verfolgen, aber der Geist, 
der unsere Zeit literarisch und künstlerisch durchweht, spricht aus jeder 
Zeile zu uns, es ist durch und durch modern. Alles verräth den kühnen, 
eigenwüchsigen Denker, der sich nicht scheut, seine Ansichten zu ver- 
treten, auch wenn sie gegen bisher als heilig erachtete Autoritäten ver- 
stiessen, der es wagt, zkeinem zu lieb und keinem zu leider, seine 
Ueberzeugung frei zu sagen, gegen wen es immer sei. Diese Ansicht 
hat nichts uUltra-x in sich, sondern sucht alle Erscheinungen mit mög- 
lichster Unbefangenheit zu würdigen. Aber viele der Urtheile sind neu 
und originell; fesselnd und klar sind sie alle, und durch einfachen und 
schwungvollen Stil gehoben. Wie feinfühlig wird der Verfasser seinem 
Stoff gerecht! Der Stil ist graziös, leicht, witzig bei der Schilderung 
des Rococo, ernst in der des kalten Classicismus, geistvoll lebensprühend, 
wenn er von dem interessanten, capriciösen spanischen Maler Goya 
spricht, alles erweist sich als eine Lectüre, die nicht des Gegenstandes 
bedarf, um zu fesseln. 
Wir besassen vor diesem Werke keines, das sich die Geschichte 
der Kunst unseres Jahrhunderts zur Aufgabe gestellt, - wenigstens 
keines, das die Wechselwirkung der Kunst bei den verschiedenen Nationen 
in diesem Zeitraum klarlegte. 
xUnd dOChz, sagt R. Muther, xwill die moderne Kunst, wie die 
moderne Cultur als ein Ganzes begriffen sein. Besonders die Geschichte 
der deutschen Kunst kann nur verständlich werden, wenn man über die
	        
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