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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 5)

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Latium ging die erste geschichtliche Periode Roms, die allerdings dunkle 
und sagenumrahmte Königszeit, unter der Herrschaft einer etruskischen 
Dynastie zu Ende. Etrurien steht auf dem Gipfel seiner politischen 
Macht, Es unterhält rege Handelsbeziehungen mit Griechenland und 
Karthago; aus Süd und Ost, aber auch aus Nord und West, d. h. von 
Massalia und selbst aus Sardinien strömen Waaren auf die Märkte Mittel- 
italiens. Freilich erschließen wir das schon nahezu ausschließlich aus 
Gräberfunden. Aber wie sieht es um dieselbe Zeit in Oberitalien aus? 
Wir überblicken auch hier eine Fülle von Alterthiimern; allein es liegt 
der Schleier der Anonymität über ihnen ausgebreitet. Ist die jüngere 
Villanova-Gruppe von Bologna mit ihren zahl' und inhaltreichen Gräbern 
und Wohnräumen umbrisch oder etruskisch? Ist die Gruppe von Gola- 
secca in der westlichen Poebene, eine andere oberitalienische Localgruppe 
der ersten Eisenzeit, die bei uns Hallstattperiode heißt, ligurisch, wie 
man früher gemeint hat, oder schon keltisch, wie man jetzt annimmt in 
dem Sinne der padanischen Tradition von dem langsamen, nicht erst 
um 400 sturmartig erfolgten Einbruch der Gallier? 
Sie sind beide einfach prähistorisch, schließen sich an gewisse 
Pfahlbauculturgruppen der östlichen und der westlichen Poebene an, 
und die geschichtlichen Ereignisse, welche aus diesen primitiven Bronze- 
culturgruppen solche der ersten Eisenzeit gemacht haben, sind so gut 
wie unbekannt. Mit anderen Worten: das prähistorische Element fluthet 
immer weiter zurück vor den Dämmen, welche ihm geschichtliche Cultur- 
träger entgegensetzen. Es wird in der Hauptrichtung von Slid nach Nord 
und nach Nordost zurückgedrängt unter fortwährender Vernichtung älterer 
Culturformen und unter fortwährender Aufnahme neuer Volkselemente. 
Auf der Apenninhalbinsel hat sich gleichsam vorbildlich Dasjenige 
abgespielt, was wir in einem größeren räumlichen und zeitlichen Rahmen 
am Anbeginn der gestimmten Culturgeschichte Europa's wiederfinden. Es 
ist ein Zusammenwirken heterogener Kräfte aus Nord und Sud: erstere sind 
Volltskräfte vorzüglich indogermanischer Abstammung und Eigenart, 
letztere sind Culturkräfte, d. h. Einflüsse fremder, jedoch höher ent- 
wickelter Menschengruppen. Die glückliche Lage und Bildung Italiens 
hat es mit sich gebracht, dass wir hier das wahre Vorspiel der Civilia 
sirung Europa's vor uns sehen, nicht in Griechenland, geschweige denn 
in Spanien. Die Gründe dieses Vorzuges, der auch in der Gegenwart 
noch seinen mächtigen Ausdruck findet, lassen sich von der Karte herab- 
lesen. Es ist ein Land des Gleichgewichte-s der Kräfte, jener heterogenen 
Kräfte, die wir eben genannt haben und deren Resultirende wir von 
ihrem Ausgangspunkte an ein Stück weit verfolgen wollen. 
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Die absolut ältesten AeuBerungen menschlicher Handfertigkeif 
in Italien gehören der Steingeit und der Bronqereil an. Sie enden mit 
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