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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 11)

in Verbindung gesetzt wird, eine Stelle, welche eben der Maler des 
syrischen Codex von 586 in seiner Weise gedeutet hat. 
Und solche Ideenverbindungen lebten wahrscheinlich schon in der 
Phantasie der Glaubensboten, die den nordischen Völkern das Christen- 
thum brachten, sei es, dass die Völker selber in den Süden kamen, sei es, 
dass die Boten zu den Völkern zogen. Ihnen waren die Götzen der 
Heiden Unholde, Teufel oder Begleiter des Teufels. So lehrten sie es 
auch den Völkern "). Und diese Lehre ist an den heutigen Resten des 
alten Heidenglaubens noch erkennbar; das Wesen der alten germanischen 
Götter erscheint uns, wenn wir seine Spuren in den späteren Zeiten ver- 
folgen, wie in zwei widersprechende Theile zerlegt: r. einige Züge haben 
sich in die Heiligenlegende geflüchtet, an Namen wohlthätiger Heiliger 
sich angelehnt; z. aber der größte Theil erscheint in den Volkssagen 
und Gebräuchen als schreckhaft, schädlich, dämonisch. Denn vieles hat 
sich in die Sagenkreise geflüchtet, welche das Volk bis zu unseren 
Tagen festhielt und die auch den vüberu dem Volke stehenden Leuten 
dann bekannt sind, wenn sie in Dichtungen verwendet worden sind. Und 
das geschah seit dem Anfange des iz. Jahrhunderts. In diesen Dichtungen 
wiederholen sich die Kämpfe mit den nun zu Monstren verdichteten alten 
Göttern und Naturkräften, mit den Drachen, Riesen und Zwergen: be- 
sonders im gothischen Sagenkreis, der um Dietrich von Bern sich bewegt 
, und noch mehr im lombardischen um Rothari und Wolfdietrich, um den 
Kreis der Tafelrunde, endlich um den lndienfahrer Ogier von Däne- 
mark u. s. w. 
Gerade die Lombardei, wo die Mischung zwischen den deutschen 
Stämmen und den Romanen sehr stark war, entwickelte einen bes. Reich- 
thum phantastischer Sagen: sie, die Urheimat des romanischen Stiles. Der 
romanische Stil ist aber eben derjenige, der die phantastischen Gestalten 
fast im Uebermaße hervorbrachte. Geradezu eine Ueberfülle finden wir 
beispielsweise an der Kirche S. Michele in Pavia angebracht, jener Stadt, 
welche lange Zeit hindurch der Regierungssitz war, wie denn auch die 
noch heute in Pavia dankbar geehrte Adelheid, Mutter des Kaisers Otto IL, 
hier als Verweserin dieses Reichstheiles residirte. Auch S. Ambrogio in 
Mailand und manche andere große Kirche der Lombardei zeigt eine Fülle 
des phantastischen Elements in Sculptur und Malerei. Ganz besonders 
interessant ist ein Mosaikfußboden in der Basilica S. Pietro in ciel d'oro 
zu Pavia, welcher den Kampf eines Ritters mit einem Drachen aufweist, 
und darüber eine Chimära (mit einem Ziegenhals und Kopf, die aus 
dem Rücken eines Katzenthieres herauswachsen, während der Schwanz in 
einen offenen Schlangenrachen endet)"'). Hier vollzog sich wie die Mischung 
'4) nWodan, Donur, Sachsnot und Alle die Teufel, die ihre Genossen sind-l (Ab- 
schwörungsformel in der Taufe für die alten Sachsen). 
") Siehe Brambilla, Sulle npere di resmuro alln Bnsilica etc. Paris 1886.
	        
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