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UMRAHMUNG
VON
RUDOLF NISSL.
GIOVANNI SEGANTINI.
HEILIGE MALEREI.
ÜBER
KUNST.
D ie Geschichte ist das Verzeichniss der Zu-
frühgekommenen. Da wacht immer wieder
Einer in der Menge auf, der in ihr keine
Ursache hat und dessen Erscheinen sich in breiteren
Gesetzen begründet. Er bringt fremde Gebräuche
mit und fordert Raum für unbescheidene Geberden.
So wächst eine Gewaltsamkeit aus ihm und ein
Wille, der über Furcht und Ehrfurcht wie über
Steine schreitet. Rücksichtslos redet Zukünftiges
durch ihn; und seine Zeit weiss nicht, wie sie ihn
werthen soll, und in diesem Zögern versäumt sie
ihn. Er geht an ihrer Unentschlossenheit zu Grunde.
Er stirbt wie ein verlassener Feldherr oder wie ein
voreiliger Frühlingstag, dessen Drängen die träge
Erde nicht begreift. Aber Jahrhunderte später,
wenn man seine Standbilder schon nicht mehr
bekränzt und sein Grab vergessen ist und irgend
wo grünt, — dann wacht er wieder auf und geht
näher und als Zeitgenosse durch den Geist seiner
Enkel.
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