Nr. 10
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 153
vollkommen sichergestellt sei, keinerlei Bezahlung zu bean
spruchen, aber Agnew und George Lewis blieben unerbittlich.
Ebenso starrköpfig erwies sich ftarry selbst, wiewohl er da
mals schon in übleren Verhältnissen lebte und — wie er dem
Detektive gestand — große Auslagen im Zusammenhang mit
dem Diebstahl hatte. Er beschloß, das Gemälde lieber nach
Amerika zu bringen, schaffte es auch auf seine Jacht und
landete an irgend einer unbewachten Küste, wodurch er jeder
Zollrevision entging. Das Bild blieb hierauf wieder eine Zeit
lang verschollen.
lrn Jahre 1894 erfuhr Meiklejohn, daß Harry beim Dieb
stahl von Aktien im Werte von 80.000 Mark in Brüssel fest-
genommen und zu sieben Jahren Kerker verurteilt worden
war. Sein Bruder kam aus Amerika und nahm sich während
dieser Zeit seiner Frau und seiner Kinder an. Bei der Ver
handlung sickerte es durch, daß er an dem Diebstahl der Her
zogin von Devonshire beteiligt gewesen war, und eine große
Londoner Zeitung wollte Meiklejohn beauftragen, den Dieb
gegen das Angebot einer hohen Summe zu interviewen. Dieser
Plan wurde jedoch durch eine vorzeitige Indiskretion zu
nichte gemacht. Aber in späteren Jahren hat Harry Raymond
dem Detektive alle Angaben freiwillig gemacht, wie der Dieb
stahl ausgeführt wurde.
Es geschah auf die einfachste Weise, während Harry
selbst im Bette lag. Zwei geschickte Einbrecher im Dienste
Harrys, Junky Phillips und Charley G 1 e a s o n, bewachten
das Haus in Bond Street einige Zeit lang und überzeugten sich,
daß der Portier mit seiner Frau öfters des Abends ausgingen.
Eines Nachts öffneten sie, als Arbeiter verkleidet, in einem
stillen Moment das Haus mittelst eines Nachschlüssels, stiegen
ins oberste Stockwerk, schnitten in aller Ruhe das Bild aus
und verließen gegen 6 Uhr morgens mit einigen Papieren
unter dem Arm das Haus ebenso ruhig, wie sie gekommen
waren. Für diese Nachtarbeit erhielten sie jeder 2000 Mark.
Harry Raymond steckte das Bild in ein Futteral und vergrub
es in seinem Garten unter einigen Blumenbeeten, und dort
blieb es, bis es nach Amerika verschifft wurde. Dort trat er
später mit den Pinkertons in Verbindung und diese Defektives
trafen mit Agnew ein Arrangement, wodurch das Gemälde
endlich wieder seinen Weg nach London fand. Jetzt schmückt
es das Schreibzimmer Pierpont Morgans in seiner Londoner
Residenz in Princeß Gate.
Harry Raymond, der mit seinem bürgerlichen Namen
Adam Worth hieß, war in seiner Art ein Original, seinen
Helfershelfern und Mitarbeitern ein treuer Freund und ein
nobler Charakter. Als er nach Verkauf des Bildes eines Tages
Meiklejohn am Victoria-Bahnhof traf, schenkte er ihm eine
Fünfpfundnote, um ihm — seinen natürlichen Feind •— doch
auch ein wenig für die Mühe zu entschädigen, die er in dieser
Geschäftsangelegenheit gehabt hatte. Fr starb wenige Jahre
darnach — wie die meisten seiner »Berufsgenossen« -— in
Armut.
Chronik.
Autographen.
(Eine A u t o g r a p h e n s t e u e r) hat der Schutzver-
band Deutscher Schriftsteller, dem sämtliche hervorragenden
Schriftsteller Deutschlands angehören, eingeführt. Künftighin
werden die Mitglieder des Verbandes Autographen nur mit
der Bemerkung aus der Hand geben, an die Kasse des Ver
bandes eine Zahlung von etwa einer Mark an aufwärts als
Gegenwert zu leisten. Ueber die Eingänge wird in dem Ver-
bandsorgan öffentlich Rechnung abgelegt.
(Die Versteigerung bei Breslauer.) Unter
lebhafter Beteiligung von Sammlern, fand am 29. und 30. v. M.
bei Martin Breslauer in Berlin die von uns (in der
Nummer 8) gewürdigte Sammlung von Autographen und Do
kumenten statt. Von den erzielten Preisen verdienen beson
ders die folgenden hervorgehoben zu werden: Nr. 9. Brief
Friedrichs des. Großen an seine Schwester, Königin
Ulrike von Schweden (s. S. 118), Mk. 175; Nr. 35 a. Tage
bücher des Herzogs Karl Ludwig Friedrich von
M e c k 1 e n b u r g - S t r c 1 i t z Mk. 2060; Nr. 36. Brief der
Königin Luise von Preußen Mk. 125; Nr. 4L Kaiser
Wilhelm II. Jugendbrief (s. S. 117) Mk. 120; Nr. 79. Bulle
Clemens III. Mk. 425; Nr. 81. Bulle Leo X. Mk. 125;
Nr. 92. Blücher. Brief an seinen Verwalter Schwenke
Mk. 230: Nr. 122. S e y d 1 i t z, Brief in französischer Sprache
Mk. 100; Nr. 130. W a 11 e n s t e i n, Brief an Fürst August
zu Anhalt (s. S. 118) Mk. 115; Nr. 144. Bismarck, Bestell
zettel Mk. 115; Nr. 189. Ä 1 f i e r i, Brief an Marchese di Ba-
rolo Mk. 180; Nr. 246. F r ö b e 1, Sammlung von 28 Briefen
Mk. 510; Nr. 261. Grillparzer, Brief an den Verlagsibuch-
händler Vieweg in Braunschweig Mk. 190; Nr. 275. Wilhelm
Hauff, Briefe Mk. 120; Nr. 302. Jordan, Albumblatt aus
der »Siegfriedsage« Mk. 755; Nr. 370. Schiller, Unver
öffentlichte Verse zu Wilhelm Teil Mk. 900; Nr. 422; Beet
hoven, Musikrnanuskript, 16 Seiten, Mk. 3000; Nr. 423.
Beethoven, Brief an den Geiger Ignaz Schuppanzig
Mk. 435; Nr. 424. Beethoven, Ungedruckter Canon (s.
S. 119) Mk. 1000; Nr. 425. Beethoven, Brief in eng
lischer Sprache M.k. 220; Nr. 426. Beethoven, Brief an
Frh. v. Tiirkheim-Seilersteg Mk. 620; Nr. 448. Mozart Leo
pold, Brief mit langer Nachschrift seines Sohnes Wolfgang
Amadeus Mk. 750; Nr. 449. W. A. Mozart, Musikmanu-
skript Mk. 350; Nr. 450. W, A. Mozart, Musikmanuskript,
10 Anfangstakte eines Stückes für Klavier und Orchester in
C-Dur, Mk. 250; Nr. 451. Mozart, Erste Niederschrift des
Kanons K. Mk. 250; Nr. 452. Mozart, Niederschrift des
Rondo für Klavier in D-Dur Mk. 2600; Nr. 475. Richard
W agner, Unveröffentlichter Brief an Freiherrn von Bie-
denfeld in Weimar Mk. 145; Nr. ^76. Wagner, Brief an den
Violinisten A. Wilkoszewski Mk. 110; Nr. 492. Jos. Kainz,
Handschriftensammlüng, umfassend zirka 70 Autographen und
ein Skizzenbuch des Bildhauers Paul Gasser, M,k. 105;
Nr. 701. Napoleon I. Eigenh. Bescheid von 4 Zeilen Mk. 265;
Nr. 702. Napoleon, Unterschrift Mk. 200; Nr. 703. Na
poleon I., Eingabe mit eigenh. Randbemerkung Napoleons
Mk. 145: Nr. 706. Dokument über die Verhandlungen und
Hinrichtung R a v a i 11 a c s, des Mörders Heinrich IV.,
Mk. 140; Nr. 731. Fr. Frh. v. Trenck, Brief an den Prinzen
Heinrich von Preußen Mk. 145; Nr. 732. Weimar 1813—1814.
Briefe, Gedichte und Handschriften, zum großen Teile zur
Zeit der Freiheitskriege aus dem weiteren Goethekreis an
Ferdinand Heincke gerichtet, Mk. 230.
Bibliophilie.
(Max Burckhardts Bibliothek.) Der Schrift
steller Hofrat Dr. Max Burckhardt, der kürzlich in Wien
starb, hat eine Bibliothek hinterlassen, die in jedem ein
zelnen Buche Zeugnis ablcgt von dem feinen Europäertum
und dem universellen Geiste ihres Besitzers, in den Aeußer-
liehkeiten, den Einbänden und der Schönheit der Ausgaben
aber auch den echten Bibliophilen zeigt. Es gibt kaum ein
Gebiet des menschlichen Wissens, von den Kirchenvätern bis
zur Medizin, das in dieser Bibliothek nicht in repräsentativen