Album hervorragender Gegenstände aus der Waifensammlung des Aller-
höchsten Kaiserhauses. Herausgegeben mit Genehmigung des hohen
Oberstkämmerer-Amtes Sr. k. u. k. Apostol. Majestät. Erläuternder
Text von Wendelin Boeheim. Mit 50 Taf. in Lichtdr. und zahl-
reichen Text-Illustrat. Wien, J. Löwy, t8g4. Fol. 29 S. M. 50.
Es ist nicht immer blos Oberflächlichkeit und moderne Hast, die in Kunstsamm-
lungen sogleich nach dem Besten und Hervorragendsten fragt. Diese Frage, allerdings
nicht immer so kurz und knapp zu beantworten als sie gestellt wird, hat ihre Berech-
tigung. Wo die Menge der Objecte dem Laien wie dem Fachmann die Uebersicht er-
schwert, kann man nicht leicht auf andere Weise mit erwünschter Raschheit zum Ver-
ständniss des Ganzen vordringen, als indem man sich vorerst mit dem Wichtigsten ver-
traut macht. Das überaus reiche Watfenmuseum des österreichischen Kaiserhauses ist
eine Sammlung solcher Art. So kommt denn diese Publication gewiss Vielen nicht un-
erwünscht. Einen zweiten und vielleicht noch mächtigeren Anstoß zur Herausgabe dieses
Werkes bildete der Umstand, dass Fachleuten des Auslandes Gelegenheit geboten werden
sollte, sich in einem leicht zugänglichen und gleichzeitig dem neuesten Stande der Wissen-
schaft entsprechenden Werke über die Waffensammlung des Wiener kunsthistorischen
Hofmuseums zu orientiren.
Wie nicht anders zu erwarten, entspricht der Text allen fachlichen Anforderungen
und ist gleichwohl für den Laien vollkommen verständlich. Er ist katalogartig angeordnet,
so dass ieder Nummer der Abbildungen kurz zusammengefasste Angaben entsprechen, die
das Wichtigste von dem enthalten, was über den Gegenstand gesagt werden kann: den
Namen des ursprünglichen Besitzers, die Beschreibung des Stückes, dessen Datirung, die
Erklärung der vorkommenden Marken (die in Facsimile-Typen beigedruckt sind), eventuell
Angaben über den Waffenschmied, wo es nothig ist Daten über die Person des einstigen
Besitzers, den früheren Aufbewahrungsort des Stückes, dessen Vorkommen in älteren
lnventaren und die darauf Bezug nehmende Litteratur.
Die einzelnen Objecte werden in nahezu chronologischer Folge vorgeführt, und
zwar beginnt die Reihe mit dem schonen Reiterharnisch Erzherzog Sigismunds von
Tirol, gefertigt um 14.70. Es folgen Reiter- und Feldhamische deutscher und italienischer
Herkunft, ferner auserlesene Prunk- und Turnierharnische, dazwischen sind Tafeln tnit
schweren und leichten Rossharnischen, mit Helmen aus dem tz. bis 16. Jahrhundert,
Schwertern, Tartschen und Schilden angeordnet. Die Serie jener Prunkstücke, denen
die Sammlung in erster Linie ihren Weltruf verdankt, beginnt mit dem italienischen
Prunkschild, der Kaiser Karl V. zugeschrieben wird. Es folgen nun die bekannten Prunk-
degen mit ihren prächtigen Ciselir- und Tauschirarheiten, die wundervollen Rüstungen
Erzherzogs Ferdinand von Tirol, Alessandro Farnese's, Kaiser Rudolfs ll. u. s. w. Ob-
wohl nun die Mehrzahl der Lichtdrucke an Schärfe nichts zu wünschen übrig lässt, wäre
es doch bei diesen und vielen anderen Stücken, wo das Detail die Hauptsache ist, von
Vortheil gewesen, einen größeren Maßstab zu Wahlen, was allerdings eine ansehnliche Ver-
mehrung der Tafeln oder eine Verminderung der Nummern zur Folge gehabt hätte.
Fs.
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Stillehre für das Kunstgewerbe. Allgemein fassliche Einführung in das
Verstiindniss der decorativen Künste und deren Stilarten. Von Rein-
hold Heere. Mit 240 lllustrat. S". II, 135 S. Berlin, W. H. Kühl,
t893. M. z.
In diesem Büchlein werden auf fünf Druckbogen alle Stilarten der gulturvölker,
vom alten Aegypten bis zur gegenwärtigen nstaunenerregenden Hohe baukünatlerischer
Entwicklung: in Berlin, in kräftigen Phrasen abgethan. Dann folgt auf weiteren drei
Druckbogen und zwei Seiten die Erklärung, welchen künstlerischen Anforderungen stil-
. gerechte Erzeugnisse des Kunstgewerbes entsprechen müssen.
Kurzgefasste Lehrbücher sind jetzt ein wielbegehrter Artikeln und wenn ihre
Verfasser den Mangel an Lebendigkeit, Anschaulichkeit und innerer Motivirung durch
Uebersichtlichkeit, Klarheit, Schärfe im Ausdruck und sichere Wahl des Stoffes zu er-
setzen. verstehen, können ja [diese Skelette der Wissenschaft immerhin noch Nutzen
stiften. Werden aber die unvermeidlichen Mängel übertriebener Kürze durch die ge-
nannten Vorzüge nicht ausgeglichen, wie es hier der Fall ist, dann verliert ein solches
Büchlein den letzten Rest von Existenzberechtigung. Der Verfasser hat seiner Arbeit
die bewährten größeren Lehrbücher und Abhandlungen über sein Thema zu Grunde
gelegt, aber es fehlt ihm das Urtheil darüber, wann er einen Satz von allgemeiner Be-
deutung aus dem ursprünglichen Zusammenhange loalösen darf und wann nicht, und so
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