bar sein. Nicht minder für die Schaffung Alt-Antwerpens, einer getreuen
Nachbildung altehrwürdiger, historisch bedeutsamer Straßen und Plätze
der Stadt vor dritthalbhundert Jahren: der Porte de Kipdorp, der Rue
de la Buurse, der Grand Place mit dem prächtigen Hötel de Ville des
Cornelis de Vriendt, den Zunfthäusern, zahllosen Schänken und Läden,
in denen Alt-Antwerpener Leben in Tracht und Uebermuth wie ehedem
auf- und abwogt. Man kann sich nichts Reizenderes denken als diese
Schöpfung, welche rmit den Schätzen des Museums die Geschichte und
den Ruhm der Stadt Einem in den leuchtendsten Farben zu Bewusst-
sein bringt.
Beim Studium der Industrie-Ausstellung hat sich mir eine Beob-
achtung aufgedrängt, welche charakteristisch für die Entwicklung und
Veränderung, ich will nicht sagen Verirrung des Ausstellungswesens
unserer Tage ist. Die Zeit der volkswirthschaftlich reinen
Ausstellungen ist vorbei; jeder Staat enthält jetzt in seinen Ab-
theilungen so viel Fremdes, dass das Bild, welches er bietet, der inner-
halb seiner Grenzpfähle betriebenen Production keineswegs mehr ent-
spricht. Nur strenge Untersuchung, vielfaches eindringliches Befragen der
Aussteller und Verkäufer schützt da vor falscher Beurtheilung. Oester-
Vreichische Waare findet man überall, vor Allem Keramik, Glas, Bijouterie;
so fiel mir, um nur einige Beispiele zu nennen, auf, dass eine Brüsseler
Firma, welche ein großes, mit nicht sehr geschmackvollen Tapisserien
ausgestattetes Interieur ausgestellt hat, demselben besonderen Glanz durch
Porzellanvasen aus der sächsichen Fabrik von Thieme (Potschappel-
Dresden), vornehmlich aber durch reizende decorative Plastik Stellmachers
verleiht. Böhmischem Glas begegnet man in zahlreichen französischen
lnterieurs; Schmuck aus Gablonz (Metall mit Email oder Glas), Metall-
nippes von ebenda werden mit anderen Waaren an den verschiedendsten
Stellen von Verkäufern aller Nationalitäten feilgeboten. Auch Stickereien
von unzweifelhaft österreichischer Herkunft sah ich außerhalb Oesterreichs
hier und dort. Um nicht ungerecht zu sein, muss zugegeben werden,
dass man auch in unserer Abtheilung fremdem Gut begegnet, römischem
und florentinischem Mosaikschmuck. Woher kommt diese in Antwerpen
besonders grell hervorgetretene-Aenderung des Charakters unserer In-
dustrie-Ausstellungen, die doch von Haus aus darauf berechnet waren,
zu zeigen, was jedes Land für sich vermag, und den Erzeuger selbst
auftreten zu lassen? Der Kaufman, der Händler, der im geschäftlichen
Verkehre ja gewiss sehr nothwendige Vermittler zwischen Producent und
Publicum, bemächtigt sich mehr und mehr auch des Platzes auf den
Ausstellungen, die früher eine Schaustellung der nationalen Arbeit waren
und nun zur internationalen Waarenhalle geworden sind, in welcher der
Erzeuger zurücktritt und seine Arbeit anonym in die Welt kommt. Viel-
fach ist es ja auch bei uns zu Lande üblich geworden, dass Kaufleute große
Collectionen verschiedener Artikel von den Industriellen und Kunst-