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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1894 / 9)

 
ornamentirten Truhen und mit dem in Kerbschnitt und mit Messing- 
knöpfen verzierten übrigen Mobiliar einen Beweis von der großen künst- 
lerischen Veranlagung dieses tüchtigen Volksstammes ablegt. 
In nächster Nähe des Huzulenhauses steht die ruthenische Dorf- 
kirche, welche mit ihrem vorspringenden Dache, ihren drei Kuppelspitzen 
und ihrem freistehenden unscheinbaren Glockenthurme einen eigenartigen 
Eindruck macht. Das schrnucklose Innere birgt eine Ausstellung ruthenischer 
Cultusobjecte, in welcher gute alte und minder gute moderne Kirchen- 
geräthe vereinigt sind. Die letzteren würde man an diesem Orte gerne 
vermissen. Das bedeutendste Stück ist eine im üppigsten Barockstil 
geschnitzte Ikonostasis, deren ornamentale Formen in einem merkwürdigen 
Contraste zu den byzantinisch-strengen Heiligenbildern der Füllungen 
stehen. Außerdem seien noch schöne, gestickte Kirchengewänder und 
Kelchdecken, gute Gefäße, holzgeschnitzte Kreuze und Elfenbeinschnitze- 
reien erwähnt. Unter den modernen Arbeiten verdienen genannt zu werden 
zwei Altarbilder, ein Christus und eine Madonna, welche ruthenische 
Gewandung tragen und in ihrer ganzen Auffassung von ungemein frischer 
Erfindung Zeugniss ablegen. 
Weiters finden wir die Volkskunst noch vertreten im Pavillon für 
Frauenarbeit, im ruthenischen Pavillon, in der lndustriehalle und im 
Pavillon für Volksschulen. Im ersteren, sowie im ruthenischen Pavillon 
tritt dieselbe oft in höchst zweifelhafter Nachbarschaft auf, zwischen 
gemalten und gestickten Excessen auf Seide und Stramin und zwischen 
Nichtigkeiten aus bronzierten Tannenzapfen und Sonnenblumenkernen. 
Der ruthenische Pavillon enthält überdies noch die reichhaltigste Kilim- 
sammlung der Ausstellung und gute Gefäße und Perlstickereien aus 
Kolomea. Besonders hervorgehoben sei die im Schulpavillnn ausgestellte 
reichhaltige Mustersarnmlung vorzüglicher nationaler Stickereien der ein- 
classigen Mädchen-Volksschule in Srodopolce. 
Ein schönes Stück nationaler Kunstindustrie sind die Nachahmungen 
altpolniscber, golddurchwirlrter SeidenstoEe, die von Graf Emil Potocki 
in Buczacz erzeugt werden. Es sind äußerst vornehm wirkende Decken 
für Divans etc., die merkwürdigerweise in einem Nebenraurne des Archi- 
tektur-Pavillons ausgestellt, um nicht zu sagen versteckt sind. 
I-Iiemit sind wir am letzten Abschnitte unserer Betrachtung angelangt, 
an der Besprechung der modernen Kunstindustrie Galiziens, wie sie sich 
uns in der Industriehalle darbietet. 
Am ausgedehntesten sind die Zimmer-Einrichtungen vertreten, und 
es kann ohne Uebertreibung gesagt werden, dass in Kunsttischlerei- und 
Kunstschlosserei-Arbeiten mehr als eine galizische Firma mit den Pro- 
ducten der besten Wiener Ateliers den Vergleich nicht zu scheuen braucht. 
In erster Linie ist die Lemberger Tischlergenossenschaft zu nennen, 
welche im Verein mit dem Decorateur Krzysztofowicz drei sehr gut 
gezeichnete und tadellos ausgeführte Räume: ein Renaissance-Speise-
	        
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