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zeugern von Gegenständen der schönen Gewerbe noch keineswegs zum
Durchbruch gekommen. Der Beweis hiefür liegt in den eben berührten
Fällen, in welchen die auf Vorrath gearbeiteten Ziermittel mit der größten
Sorglosigkeit den widerstrcitendsten Formen aller nur möglichen Erzeug-
nisse aufgedrungen werden, sowie in der Art und Weise, wie die Zier-
formen aller Stilarten, den zahlreichen Sammelwerken entnommen oder
nach vorhandenen Originalobjecten copirt, ohne Anstand zur Verwendung
gelangen, wenn auch Charakter, Bestimmung und praktischer Zweck
des Ganzen noch so energisch gegen ein solches Verfahren protestiren.
Diese Sorglosigkeit zeigt sich besonders auffallend, wo es sich um die
Herstellung einer Zierform handelt, welche wir gemeiniglich als eine
Füllung bezeichnen. Bestimmt, die allseitig ausgesprochen begrenzte,
nackte Fläche zu beleben, soll bei der Füllung ein Ornament sich so
entwickeln und ausbreiten, dass eben diese Fläche sich weder vergrößern,
noch verringern lässt, ohne das Aussehen des Ganzen zu schädigen. Das
heißt, die Füllung muss wie alles bildmäßig Abgeschlossene für den
bestimmten Raum componirt sein.
Der Herstellung einer guten Füllung geht nun der moderne Kunst-
handwerker sehr gerne aus dem Wege. Er vermeidet sie entweder gänz-
lich oder fügt ein ihm zugängliches Ornament, so gut es gehen mag, in
den vorhandenen Raum ein, ohne Rücksicht darauf, ob es etwa nach
irgend einer Richtung hin zu frühe seine Endschaft erreicht oder auch
in die ihm gebotenen Grenzen gezwängt erscheint. Das mit der modernen
Gestaltungsweise noch am besten vereinbare Auskunftsmittel, um ein dem
Zwecke einer Füllung ziemlich entsprechendes Ornament hervorzubringen,
besteht in der Verwendung von gar nicht oder nur locker in Verbindung
gebrachten, gruppenweise geordneten Ziermotiven. Diese Gruppen, entweder
ein Mittelstück und vier Eckstücke oder, wenn die zu zierenden Flächen
länglich rechteckig sind, ein Mittelstück und zwei Abscblussstücke, lassen
sich jeweilig zusammen- oder auseinanderrücken, und haben sich auf diese
Weise großen und kleinen Dimensionen anzupassen.
Auf solche Weise wird Arbeit und Zeit erspart. Ob dies jedoch
überhaupt nutzbringend genannt werden kann, mag unerörtert bleiben.
Das wachsende Bestreben, rasch und mit geringer Mühe zu pro-
duciren, trägt übrigens in unseren Tagen zur Vorliebe der Kunstgewerbe-
treibenden, sich mehr und mehr einer naturalistischen Richtung zu-
zuwenden, nicht wenig bei. Raumvertheilung und symmetrische An-
ordnung scheinen ja bei dieser modernen Kunstübung entbehrlich zu
sein, und dadurch allein müsste schon sehr viele Arbeit entfallen.
Einige Anforderungen, welche in der Praxis noch weiters an den
Zeichner gestellt werden können, passen aus dem Grunde weniger in den
Rahmen dieser Besprechungen, weil sie mit der künstlerischen Auf-
gabe in keinem directen und nothwendigen Zusammenhang stehen. Ich
kann es mir daher füglich erlassen, näher auf sie einzugehen. Doch