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Eigenschaften, die ihn zum Decorationsmaler prädestinirt erscheinen
lassen, so treten auch die negativenISeiten, die mit einer derartigen Be-
gabung verbunden zu sein pflegen, scharf hervor. Wie Makart wanauch
erzum Porträtisten wenig geeignet, gewann als Historienmaler nicht die
nöthige Kraft und ausdrucksvolle Charakteristik und blieb dem, eigenta
lichen StaEeleibild ziemlich fremd. ' ' '
Von der ersten Skizze bis zum fertigen-Gemälde ist bei jedem
Künstler ein weiter Weg und nichts spricht seine Eigenart so deutlich
aus als die Veränderungen, die eine solche Skizze auf diesem Wege
durchmacht. Bei Galland ist gewöhnlich eine merkwürdige Verall-
gemeinerung der Formen wahrzunehmen. Es ist die auf die decorative
Wirkung hinarbeitende Phantasie, die seinen Pinsel mächtiger beherrscht
als alles Andere. Galland selbst war sich dieser Eigenschaft, die zugleich
eine Schwäche in sich barg, klar bewusst. Er ist daher stets bestrebt,
sein Können an der Hand der Natur unablässig zu läntern und zu
bereichern. Dieser Decorationsmaler alter Schule hat überhaupt manche
Züge mit den Modernen gemein; In Fontainebleau kaufte er sich eigens
eine Besitzung, um dort ungehindert Bäume, Felsen, Blumen u. s. w.
studiren zu können. Es. ist directe Pleinair-Malerei, die er hier treibt;
nur mit dem Unterschied, dass er Studie Studie sein lässt. In Paris
beobachtet er einmal das Verhalten von Kindern aus dem Volke im.Alter
unter zehn Jahren im Gespräch mit Erwachsenen und bemerkt, dass
sie eine eigenartige Verlegenheitfan den Tag legen, die sich darin
äußert, dass sie nicht ruhig halten, spielend sich vom Sprecher abwenden
und es vermeiden, ihm in's Gesicht zu sehen. Er erfasst diesen typischen
Zug und benützt ihn später in einer seiner hübschesten Gobelin-Corn-
positionen. ln dem Tagebuche, das er führt, fehlt es nicht an Selbst-
aneiferungen sich von seinen ursprünglichen Naturstudien nicht zu sehr
zu entfernen. Hier heißt es unter Anderem einmal: wVereinfachen wir
die Pfianzenmotive, wenn ihr Detail verwirrend oder zu zart ist, so dass
die Klarheit darüber in Gefahr kommt, aber vergessen wir nie, dass sie
um so packender und interessanter sein werden, je mehr ' die Elemente
der Natur ihren intimen Charakter beibehalten. Nehmen wir die Pflanzen,
die wir sehen und stellen wir sie dar in ihrer Grazie, r die sie im Leben
haben. Machen wir es wie unsere Vorfahren im Mittelalterw. In diesem
Satze liegt ein künstlerisches _Glaubensbekenntniss von principieller
Wichtigkeit, denn Galland stellt damit den Grundsatz auf, dass der
Künstler neue Reize, die er seinem Werke geben will, nicht auf irgend
eine Weise mühsam erklügeln soll, denn er findet sie nirgends so rein
und reichlich wie in der Natur. Klingt das nicht wie die: Sprache der
Jüngsten unter der heutigen Künstlerschaft? Galland's Tagebuch. das er
mit großer Gewissenhaftigkeit durch 3c Jahre fortgeführt, ist überhaupt
ein höchst werthvolles Document für die Erkenntniss seines künstlerischen
Wesens. An der Hand dieser Aufzeichnungenhat Hava-rd in- einer