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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1895 / 6)

Zwecke, in den Landeskindern die Heimatskunde zu erweitern und zu 
vertiefen, das Heimatsgefühl zu beleben und zu stärken. Denn das ist 
ja der große Vorzug der für einen begrenzten Kreis thätigen Anstalten 
solcher Art, dass sie unmittelbar auf Volksschichten wirken, die für Alles, 
was ihnen da vorgeführt wird, Antheil und Verständniss von Haus aus 
mitbringen. Wer jemals an einem Feiertage gesehen hat, wie die Gewerbs- 
leute und Bauern, vor Allem die Jugend, sich durch die engen Gänge des 
alten Linzer Museums drängten, mit welcher Andacht sie die Gegen- 
stände betrachteten, die von der Geschichte und der Natur ihres Landes, 
von ihrer Eigenart, dem Leben und der Arbeit ihrer Altvordern be- 
richten, der würdigte vollauf die Bedeutung eines solchen Besitzes für 
Stadt und Land. 
Natürlich durfte nicht aus dem Auge verloren werden, dass aus 
dem Embryo sich ein organisches Wesen entwickeln müsse, und es ist 
eines von den Verdiensten Rudolfs von Eitelberger, als Erster und 
schon vor einem Vierteljahrhundert nachdrücklich auf die Nothwendigkeit 
einer Reform der Provinzmuseen hingewiesen zu haben (in der "Oester- 
reichischen Wochenschrift für Wissenschaft und Kunst"). Eine Stelle aus 
diesem Aufsatze zu wiederholen, ist wohl am Platze: nDie Museen unserer 
Kronländern, sagt Eitelberger, v-sind so recht eigenartig aus provinziellen 
Bedürfnissen hervorgegangen. Diese haben ihre volle Berechtigung. Was 
in Oesterreich politisch lebendig ist, beruht theilweise auf dem Factor der 
Reichseinheit, theilweise auf dem Provinzialgeist. Letzterer repräsentirt in 
den meisten Kronländern das streng österreichische und rein conservative 
Element in unserem Staatslebenu. Indem er dann Provinzialismus und 
Föderalismus in Gegensatz bringt, sagt er von dem ersteren, er wurzele 
vin altösterreichischer historischer Traditionu und wolle demgemäß "die 
Eigenthümlichkeit eines jeden Kronlandes conserviren und zugleich den 
Verband mit dem Reiche und der Dynastie aufrecht erhalten. Aus diesem 
Provinzialgeiste sind die meisten Provinzialmuseen entstandene. 
Ihm lag, wie hiernach kaum erwähnt zu werden braucht, der Ge- 
danke an Reglementiren und Uniformiren, etwa von Wien aus, fern, wenn 
er dem Unterrichtsministerium die Pflicht zuwies, anregend und fördernd 
an dem Reformwerke theilzunehmen. Und glücklicherweise ist dergleichen 
auch n_icht versucht worden. Wie würden die Männer, denen die glückliche 
Ausgestaltung des Museum FranciscoaCarolinum zu danken ist, die Hin- 
gebung und Opferlust aufgebracht haben, wie hätte sich ohne Zweifel 
der berechtigte Localpatriotismus und Provinzialismus aufgelehnt, wenn 
das, was das Land aus eigener Kraft in's Leben gerufen hatte, was dieses 
Land abspiegelt, etwa als vExpositure eines hauptstädtischen Institutes 
behandelt worden wäre! Wie würde dann Stadt und Land den 29. Mai 
d. J., an welchem Tage Se. Majestät der Kaiser das neue Museums- 
gebäude eröffnete, als einen Festtag begangen, ihrem Stolze auf das Er- 
rungene so freudigsten Ausdruck gegeben haben!
	        
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