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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1895 / 10)

 
eine dankbare Aufgabe, dieses Capitel auf die fachlichen Ausbildungs- 
disciplinen hinüber zu leiten und da in seinen verschiedenen Aus- 
strahlungen zu erwägen. Ich könnte mir gar kein ergiebigeres Versuchs- 
feld denken. Durch Gewinnung der Fundamentalbegriffe unter 
Anrufung von aus geklärten An schauungen resultirenden 
Raumerkenntnissen - durch fo rtgesetzte Uebertragun g 
des theoretischen Motivs auf das praktische Beispiel - 
durch Vorführung von Einheitsconstructionen - durch Vor- 
trag, Mitbeschäftigung und Zweckcorrectur - erste ht d a s 
Lehrgebäude des modernen technischen Zeichnens, 
das, was Bildungswerth anbelangt, hinter keiner Disciplin zurücksteht. 
Eine Auslese von Arbeiten, die auf Grund der im Voranstehenden dar- 
gestellten Lehrpraxis im verflossenen Schuljahre an der Allgemeinen 
Abtheilung der Kunstgewerbeschule fertig gestellt wurde , und denen 
sich die Arbeiten des heurigen Schuljahres anreihen werden, gedenke ich 
gelegentlich der im Monate October statthabenden Schulausstellung der 
Oeifentlichkeit vorzuführen und der näheren Beurtheilung einer sachver- 
ständigen Kritik anheim zu geben. 
Um das Bild, das ich hinsichtlich der Methode und der Studien- 
führung im technischen Zeichnen hier entwerfe, zu vervollständigen, 
glaube ich ein Moment nicht übersehen zu dürfen: ich meine die Zu- 
hörerschaft. Ich halte dafür, dass es nicht leicht eine Anstalt geben 
dürfte, an welcher die Hörenden so für den Unterricht im Sinne empfäng- 
licher Anlage und Willensgeneigtheit qualificirt erschienen, als dies an 
der Allgemeinen Abtheilung der Kunstgewerheschule der Fall ist. An 
dieser bewahrheitet sich der Erfahrungssatz: dass ein Schulorganismus 
nur dann vollständig gedeihen und Triebkraft nach höheren Zielen be- 
sitzen kann, wenn er über das richtige Schülercontingent verfügt. 
Dieses wird durch sorgfältige Sichtung bei der Aufnahme erwählt und 
erweist sich dann fast immer als eine an Intelligenz und Veranlagung 
homogene Zuhörerschaft. 
Die meisten Absolventen lassen es indessen bei den erzielten Resul- 
taten im Zeichnenfache nicht bewenden, sondern setzen ihre Special- 
arbeiten und Studien weiter fort, wozu ihnen das inhaltsreiche folgende 
Studienjahr, wie schon erwähnt, werkthätigen Antrieb leiht, und erreichen 
auf diese Art diejenige Stufe von Selbstständigkeitim Darstellen und Routine 
im Construiren, welche sie heute, nach so kurzer Studienzeit, zu gern 
gesehenen Hilfskräften in Ateliers geeignet erscheinen lässt. Sie über- 
tragen die Grundzüge des Systems, in dem sie erzogen wurden, in die 
Praxis, wirken zum Theile auch durch Hilfsunterricht ermunternd und 
anregend auf Studiengenossen und helfen so mit, den Volksboden mit 
triebkräftigen Keimen künstlerischen Vermögens und kunstgewerblichen 
Geschickes zu durchdringen. Kunst und Kunsrunterricht sind Mo-
	        
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