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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1897 / 9)

hörnten Löwenköpfen - Stirnziegel in Gestalt jugendlicher, von einem 
Blattkranz umrahmter Frauenköpfe. Gedoppelt figuriren dieselben als 
Firstakroterien, abwechselnd mit Raubvögeln, die bis auf die letzten 
Ansätze verschwunden sind. An den vier Ecken lagern Löwen; in den 
Giebelaufsätzen stehen wappenartig zu Seiten einer Palmette gehörnte 
Läwengreifen. 
Wie der architektonische Charakter des Sarkophages mit seiner 
Schmuckfreudigkeit schon eine spätere Zeit ankündigt, so tritt uns in 
der Weise, wie das Relief gehandhabt erscheint, ein kunstgeschichtlich 
Neues entgegen, das aus der classischen Zeit in die hellenistische hin- 
überleitet. Noch findet sich keine Spur des eigentlichen malerischen 
Reliefstiles, aber schon sind alle Arten der Arbeit in Marmor, welche 
die classische Zeit gesondert anwendet, zu einer Einheit verbunden. Von 
der kaum am Grunde haftenden Rundfigur stuft es sich ab zum Hoch- 
und Flachrelief, zur kaum fühlbaren Erhöhung und zur Malerei, die 
allerlei Details, zur Erde geworfene Lanzen, Helme, Schilde, wie auf 
einen letzten Plan direct auf die Fläche setzt. Mit dieser Verschmelzung 
von Plastik und Malerei steht der Alexander-Sarkophag einzig da in der 
Kunstgeschichte aller Zeiten. 
Hier ist der Ort für ein paar Worte über eine neue Perspective, 
welche uns der aus der sidonischen Grabkammer erstandene Fund er- 
öffnet. Seitdem wir die archaischen Frauengestalten von der Akropolis 
und den Alexander-Sarkophag besitzen, haben wir ein Anfangs- und ein 
Endglied für die Geschichte der antiken Polychromie, in die sich die 
drei anderen Sarkophage als minder wichtige Mittelglieder einreihen. An 
dem lykischen und dem Satrapen-Sarkophage ist die Bemalung bis auf 
wenige Reste verschwunden; besser, wenn auch nicht hinreichend zu 
einer vollständigen Reconstruction, ist sie an dem Sarkophage der trauernden 
Frauen erhalten, fast in ursprünglicher Frische aber prangt sie an dem 
Alexander-Sarkophage. Keine Beschreibung kann von dieser Pracht 
eine Vorstellung geben, eine durchaus falsche nur die unverantwortlich 
schlechte Reproduction in der Publication Hamdy Bey's. 
Die Farben, welche zur Anwendung kommen, sind blau, violett, 
roth, rothbraun, gelb und wie es scheint auch grau; sie gleichen im 
Tone theilweise den von den tanagraischen Terracotten bekannten, wie 
denn auch hier und dort das gleiche Rothhraun für die Haare dient. 
Von diesen Farben macht der Künstler denselben Gebrauch, wie der 
Colorist gothischer Holzsculpturen. Er gibt nur einfache, nicht gebrochene 
Töne wieder und überlässt es der Sculptur, durch Höhen- und Tiefen- 
Wirkung Licht und Schatten über das Ganze auszubreiten. Jeder Gegner 
der Bemalung des Marmors muss, meine ich, sofort die Waden strecken, 
wenn er sich vor das Relief der Löwenjagd stellt und nur den über dem 
Arm des nackten Jägers fiatternden Mantel betrachtet. Wie sich da die 
Sculptur und das über dem Marmorkorn leuchtende satte Roth durch-
	        
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