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von der Pfalz, Sohn des böhmischen Winterkönigs Friedrich, nach
einem fast romanhaften Leben als englischer Reiterführer und Seeheld
für die Sache seines Oheims Karl's l. in die Pfalz zurückgekehrt. Sein
Porträt ist unter Nr. to ausgestellt, so sympathisch zutreffend für seinen
stürmisch zufahrigen, dann etwa wieder in Apathie versinkenden Cha-
rakter, wie man nur je ein Bildniss wünschen kann. Auch er dilettirte
in Kunst, und trotz aller Verschnörkelung der Legende und englischem
Localpatriotismus ist heute als unumstößlich angenommen, dass er während
seines Aufenthaltes auf dem Festlande, also wahrscheinlich ca. 1654., in
der Pfalz oder in Mainz von Ludwig von Siegen mit der Schabkunst
vertraut gemacht wurde '). Temperamentvoll wie er war und für die
neue Technik leidenschaftlich begeistert, machte der Prinz schnell über-
raschende Fortschritte, besonders als er, seines angeblichen Versprechens
auf Geheimhaltung nicht achtend, den niederländischen Maler und Stecher
Wallerant Vaillant, den er seit 1656 wie seinen Hofkünstler um sich
hatte, in das Verfahren einweihte und, wie es heißt, sich die mechanische
Behandlung der Platte von ihm besorgen ließ. Das größte der Blätter
Rupprechfs: Der Henker mit dem Haupte des Johannes (Nr. 86), und
Der Krieger mit Lanze und Schild (Nr. 87), sind beide bereits sehr
schätzenswerthe Leistungen in der neuen Technik. Sie sind mit 1658
aus Frankfurt datirt, wo zur Krönung Kaiser Leopold's l. alle deutschen
Fürsten und ausländischen Vertreter zusammenkamen, und Prinz Rup-
precht mag mit seiner Kunst bei seinen Standesgenossen nicht geringes
Aufsehen gemacht haben. Im Jahre 1660 ermöglichte ihm die Restauration
Karl's ll. die Rückkehr in seine zweite Heimat England, wo er für die
Schabkunst die Wege ebnete und Propaganda machte, so dass er dort
bis heutzutage als der Erfinder dieser Technik gilt"). Aus dem Jahre
1662 stammt der kleinere Kopf des Henkers (Nr. 88), welches Blatt er
seinem litterarischen Freunde Evelyn in London zur Ausschtnückung von
dessen Geschichte der graphischen Künste überließ, und mit dem Jahre
1664 ist das letzte Blatt bezeichnet, welches wir vom Prinzen Rupprecht
datiren können.
(Fortsetzung folgt.)
') Die persönlichen Beziehungen dieser beiden Männer künnen wir vielleicht denn
nnknüpfen, dass Siegen bereits x64; des Bildniss von Elisnbelh, der Mutter des Prinzen
Rupprechx, verdßenllicht hnx, und dass des letzteren Bruder Karl Ludwig ein Schwieger-
sohn der Gönnerin Siegen's, der Lnndgrsün Arnllia Elisabeth von Hessen, war.
") Vergl. Herkomer, Etchiug and mezzolinx engrnving. London 1892.