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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1895 / 1)

Schabkunst-Ausstellimg. Se. k. u. k. Hoheit der durchl. Herr 
Erzherzog Carl Ludwig hat am 21. v. M., geleitet von Vice-Director 
Reg-Rath Bucher, die Special-Ausstellung der Schabkunst und die 
Weihnachts-Ausstellung des Wiener Kunstgewerbe-Vereins mit einem 
Besuche beehrt. 
Weihnaohta-Ausstellung des Kunstgewerbe-Vereins. Ihre 
k. u. k. Hoheit die durchl. Frau Erzherzogin Immziculata hat Mittwoch, 
den 5. v. M. Nachmittags, geleitet von Custos-Adjunct Dr. Leisching, 
die Weihnachts-Ausstellung des Wiener Kunstgewetbe-Vereiris und die 
italienischen Möbel von Prof. Caponetti (Neapel) besichtigt. 
Neu ausgestellt. lm Säulenhofe: Truhe, auf Kosten des Hoftiteltaxenfondes 
nach Entwurf des Prof. Herdtle und mit Malerei von R. Rossler ausgeführt vom k. u. k. 
Hofvergolder Josef Threm. - lm Saal l: Tabaksdose, Schildkrot mit Goldpique und 
Miniaturbild des Königs Victor Amadeus lll. von Savoyen; Tabaltsdose mit Reliefs, 
Silber, Rococo; Ring mit langlichem Emailplattchen, Louis XVl; Ring mit Bild des 
Grafen Rüdiger Siarbemberg; zwei Ohrgehange mit Topasen, Perlen und Email; zwei 
Kämme niit Amethysten und Carneolcn, Empire; Mantelschließe mit großem Türkis, 
siebenburgisch; Besteck, Goldbronze und Achat, ungarisch um 1700; Riechflaschchen, 
chinesisches Porzellan mit französischer Goldmalerei; desgleichen. Rubinglas mit Silber- 
fassung; goldene Büchse mit ländlichen Emblemen, um l8oo; Zucltcrltorb, Silber und 
Glas, englisch 177i; zwei mykenische Becher, Galvanuplastik. - Im Saal ll: Schüssel mit 
Silbermalerei, Bottgerporzellan; Porzellanvase mit dem Konig Friedrich August l. von 
Sachsen, Meißen; Wiener, Meißner- und Sevres-Schalen. - lrn Saal lll: Schale mit Fuß, 
Milchglas mit Bronzefassung, Empire. - lm Saal Vl: Collertion von Geweben gali- 
zischer Hausindustrie aus Gliniany; Bild der Madonna von Czenstochau, Mitra und Mess- 
gewand, aus dem Stickerei-Atelier der Frau E. Pydynkowslta in Krakau; Aehrenkreuz, 
in Holz geschnitzt, und einige Elfenheinarbeiten, von einem bäuerlichen Autodidakten. 
-- Der Saal Vlll, welcher wegen theilweiser Umstellung seines Inhalts durch einige 
Wochen geschlossen bleiben musste, wurde vom i6. v. M. an den Besuchern des Mu- 
seums wieder zugänglich gemacht und beherbergt nunmehr nebst der Kleinplastik und 
einer Anzahl von Gypsahgüssen auch die Möbel des 18. und ig. Jahrhs. - Galerie: 
Banner von Priltosovitz. - Sitzungssaal: Vier Ringe mit geschnittenen Edelsteinen 
von Fr. Schetiil. 
Besuch des Museums. Die Sammlungen des Museums wurden im Monat 
December von i4i63, die Bibliothek von 2089, und die Vorlesungen von 7c: Per- 
sonen besucht. 
Vorlesungen. Am 29. November hielt Prof. Dr. Engen Guglia einen Vortrag: 
IDet Wiener Congressl, am 6. und 13. December sprach Prof. Dr. Alois Riegl nUeher 
Renaissance der Kunsu. Wir kommen auf den lnhalt dieser Vorlesungen noch zurück. 
Am zu. Deceniher sprach der Direcior des Mahrischen Gewerbemuseums in Brunn, 
Architekt Julius Leischin g über nDie Baugeschichte Wiensu. Der Vortragende sltizzirte 
den Plan einer Baugeschichte der Stadt unter Betonung des Grundsatzes, dass alle kunst- 
geschichtliche Betrachtung nur auf dem Buden culturgeschichtlicher Forschung gedeihe, 
und entwickelte das Bild Wiens in den Höhepunkten seiner Bauthitigkeit, dem 12., i4. 
und i8. Jahrhundert. Von den Kloster- und Kirchengrundungen der Babenbergerzeit 
blieben nebst gelegentlichen Funden nur Umbauten des spatromanischen Stiles in der 
Michaelerkirche und dem Riesenthor von St. Stephan erhalten. Die größten Schopfungen 
genossenschaftlichen Kunslileißes und gesteigerter Baugesinnung seitens der Fürsten und 
gesammten Bürgerschaft der folgenden Periode sind der Dom, zu dessen Hochthurm 
Rudolf der Stifter 1359 den Grundstein legte, die Manenkirche am Gestade und das 
schone Hauptthor der Minoriten. Trotz aller Verbindungen mit ltalien und trotz dem 
frohen Hereindringen von Rennissanceformen erhalt sich die Gothik noch frisch und 
fröhlich bis in's 16. Jahrhundert hinein. Die folgenden Zeiten sind unerfreulich und 
nicht forderlich für die Kunst; erst mit dem Ende des 17. und dem Anfang des iS. Jahr- 
hunderts wird Wien jene monumentale Stadt, als die es eine der wichtigsten Rollen in 
der Kunstgeschichte zu spielen hat. Was an kirchlichen und profanen Bauten da entsteht, 
ist nur der künstlerische Ausdruck einer lebhaft bewegten, in vieler Hinsicht ober- 
schwanglichen, vor Allem baulustigen und prachtliebenden Zeit. Noch sind lange nicht 
alle Acten über die bewegenden Geister und ihre Schopfungen geschlossen; wohl aber 
verdanken wir dem Eifer emsiger Forscher interessante Streiflichter über peraonliche 
Beziehungen, und, was das Wichtigste iat: die Bauten selbst sprcchenwißllllish für Sidh 
nicht blos als Lehrer der Künstler, sondern als nSchulen des allgemeinen Volks- 
geschmackesti.
	        
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