geschaffenen Toilette der Kaiserin heute noch im Original vorhanden und
zwar, wie schon gesagt, nicht nur in der ursprünglich geplanten prunkvollen,
sondern auch in einer einfacheren Fassung. Auch zur Wiege haben sich
Entwürfe (vier Zeichnungen, deren eine bereits erwähnt wurde, waren 1880
in Paris ausgestellt) und Urkunden erhalten, die zum Teil schon von Clement
veröffentlicht und verwertet wurden.
Diesen bereits bekannten Dokumenten reihen sich nunmehr die im
folgenden mitgeteilten an, die unser Wissen um das interessante Kunstwerk
nach mehr als einer Richtung hin aufs willkommenste bereichern.
Prud'hons Beschreibung und Erläuterung, zusammengehalten mit den
Abbildungen, geben nicht nur das Äußere des Kunstwerkes wieder, sondern
decken auch in dasselbe hineingelegte Gedanken auf, die sich der bloßen
Betrachtung wohl nie und nimmer erschlössen. Daß der kleine Adler am
Fußende des Bettchens das Adleijunge, so lange vor Rostand „l'Aiglon" ist
und ungeduldig die Fittiche prüft, um sich bald im kühnen Fluge bis zum
ewigen Stern seines Erzeugers emporzuschwingen, das wäre dem Kunst-
werk wohl ebensowenig abzulesen wie der Sinn, der den als Kindern
gebildeten Genien der Gerechtigkeit und der Stärke unterlegt ist: sie werden
zusammen mit dem königlichen Knäblein wachsen. Auch die beiden schönen
Reliefs mit dem Tiber und mit der Seine, die übrigens aus naheliegenden
Gründen den Stil Prud'hons am reinsten zeigen, wären ohne Erklärung
kaum ganz verständlich.
Odiots und Thomires Denkschrift wieder liefert eine ausführliche
Beschreibung der Wiege nach der technischen und handwerklichen Seite
hin und ist nicht nur dadurch lehrreich und wertvoll, sondern auch durch
die Angabe der einzelnen Preise und schließlich der Gesamtsumme von
172.031 francs 47 centimes, die von Frochot, dem verantwortlichen Leiter
des bestellenden und bezahlenden Amtes, auf 152.289 francs 49 centirnes
herabgemindert wird. Die Summe von 152.289 francs wurde, wie aus einem
dritten Dokumentif hervorgeht, den beiden Künstlern in fünf Raten aus-
bezahlt, von denen sie die erste am 7. Februar und die letzte am 30. August
1811 erhielten.
Aus dem Memoire erfährt man auch, daß die Wiege auf ein Podium
und unter einen Baldachin gestellt wurde, die beide ebenso monumental
erdacht und reich und vornehm geschmückt waren wie das Berceau selbstf"
' Handschriftlich ausgefülltes vorgedrucktes Aktenformular der „Prefecture du Departement de la Seine,
Secrerariat, 3'111 Bureau", Zahl 2072 vorn 30. August 1811. Die Summe wurde unter den außerordentlichen
Gemeindeauslagen verrechnet. Zahlbar war sie entweder an Odiot oder an Thomire. Ersterer bestätigte ihren
Empfang. Für das Amt unterschrieb „Le Conseiller d'Etat Prefet de la Seine, Comte de l'Empire" Frochgt,
"l" Baldachin und Podium sind auf einem schwachen Blatt wiedergegeben, das ein gewisser Schule 1811
„nach dem französischen Original frei radin" hat und das darstellt: „Ihr. Maj. die Kaiserin von Frankreich
Marie Louise besucht Ihren erlauchten Sohn den König von Rom, den ihr die Amme in der prächtigen Wiege
zeigt, welche die Stadt Paris zum Geschenk gemacht hat." Die Wiege auf dieser Radierung gleicht dem
Original nur sehr beiläufig. Vielleicht darf aber dem Blatte doch das eine entnommen werden, daß sowohl der
Teppich über dem Podium als auch der Vorhang des Baldachins das Bienenmuster gezeigt haben. - Genauer,
aber nur teilweise ist die Wiege abgebildet auf Benoist jeunes Stich, der eine im juni 1812 nach der Natur
angefertigte Zeichnung von j. Goubaud reproduziert und den König von Rom in der Wiege liegend darstellt.