Beilage zu Nr. 229
der
„Mittheilungen des k. k. Oesterreieh. Museums."
In Berlin wird die Frage der Gründung eines Reichshandels-
museums ventilirt. Wenn auch die Gründung eines solchen Museums
in Berlin in den Handelskammern des deutschen Reiches noch keinen
festen Boden gefunden hat, so kann man sich doch nicht verhehlen, dass
die Angelegenheit erst dann einen ernsten Charakter annehmen wird,
wenn die deutsche Colonisation sich weiter entwickeln wird. Gegenwärtig
ist Alles, was sich auf deutsche Colonien bezieht, noch in den ersten
Anfängen.
In London wird jetzt ein Handelsmuseum gegründet, welches
auch die Förderung der Hand elsgeographie bezweckt. Als Vorbild
für dieses Museum dient das Brüsseler Musee commercial. Der Schwer-
punkt dieses Museums scheint in erster Linie in dem Auskunfts-
bureau, der Vermittlung von Mustern zu liegen; deswegen hat auch das
Museum nicht den Charakter eines Museums für ein schaulustiges Publicum.
Es steht mit allen Consulaten, Handelskammern und Zeitungen in di-
recter Verbindung, in welchem Lande der Welt sich diese auch befinden.
Der Großindustrielle weiß sich selbst seine Absatzwege und Muster zu
finden, der Kleinbürger findet in dem Musee commercial eine Stütze für
seine geschäftlichen Interessen. In dem Bulletin, dessen Redaction
viel Umsicht und Thätigkeit verlangt, findet man daher Information über
den Handel und die Industrie des Auslandes, Berichte der Consulate aller
Herren Länder, das officielle Bulletin aller einheimischen Adiudicationen
und auch der wichtigen Adjudicationen des Auslandes. Belgien besitzt
einen officiellen Handels-Moniteur und pflegt die Geographie nicht allein
vom wissenschaftlichen, sondern auch vom handelspolitischen Gesichts-
punkte. In Wien steht das Orientalische Museum mit der geographischen
Gesellschaft in keinem directen Verkehre. Es müsste daher, wenn in
Oesterreich ein Exportmuseum gegründet werden und gedeihen sollte,
eine Reihe von Vorbedingungen erfüllt werden. In einem Staate, in
welchem die Gemeinsamkeit der volkswirthschaftlichen Interessen nicht
vollständig gesichert ist, ist ein solches Museum fast ganz unmöglich.
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