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Krystallklumpcn endlich sind das Material für jene Reliquiarien, die zwar die Reliquie
anfzubewahren haben, aber auch sehen lassen sollen. So wurden aus flachen Krystallen
Schüsseln ausgehöhlt und ansgeglättet, von denen die eine als Hülle, die andere als
Deckel dient, wie z. B. bei einem Reliqniarium im St. Veitsschatz, oder dieselben wurde»
zusammengeknüpft, wie bei einem Gefäße des Altbunzlaner Kapitels; aus größeren Massen
konnte eine ähnliche Form geschliffen werden, welche an eine Kannengestalt erinnert,
wie z. B. bei dem großen von Karl IV. dem St. Veitsschatz geschenkten Reliqniarium.
Das Schleifen und Schneiden der Krhstalle, eine Technik, welche, wie es scheint,,
zum Schlüsse der Periode Karls IV. schwindet und dann wiederum zur Zeit Rudolfs, als
analoge Verhältnisse eingetreten waren, auftaucht, war gewiß nur ein Zweig des Glättens
der Steine überhaupt, von dem wir bestimmtere Nachrichten haben und worunter man das
Verarbeiten der Edelsteine und Halbedelsteine zu verschiedenen Zwecken sieht, vor Allem
zum Verkleiden der Wände in der Art, wie wir es in der Burg Karlstein und in der
St. Wenzelskapelle des St. Veitsdoms bemerken. Unter den Hofkünstlern Karls IV. taucht
auch ein »pollitor Inpickum" mit dem Namen Johannes auf (1353).
Die innere Ausschmückung der Kirchen und Kapellen bringt endlich der Glasmaler
zum Abschluß, doch haben sich uns leider nur unbedeutende Überreste der Glasmalerei
erhalten, wie zum Beispiel die Fenster der Slivenecer Kirche, welche jetzt vom Kreuz
herrenorden im Kunstgewerbemuseum ansgestellt sind. Aber auch ans einem weniger
gebrechlichen Material, wie zum Beispiel Eisen, hat sich verhältnißmäßig nur Weniges
erhalten; die Knnstschlosserei gehörte gewiß zu jenen Beschäftigungen, denen bei allen
Veränderungen, welche der Fortschritt in künstlerischer Hinsicht mit sich brachte, eine
feste, auf alten Traditionen beruhende Grundlage vor Allem zustatten kam. Die aus
gedehnte Bauthätigkeit gab der Schlosserei stets neue Anregung und brachte sie immer höher.
Neben Constructionsarbeiten erforderten die gothischen Bauten Gitter, Thüren und
Thore, auf welche architektonische und ornamentale Formen übertragen wurden. Das
kostbare Gitter der Kreuzkapelle auf der Burg Karlstein und die schöne Thür der
St. Wenzelskapelle dienen, wie auch hier und da Thüren mit gehämmerten Ornamenten
überhaupt als Beispiel. Auch Namen der Meister, denen man ohne große Schwierig
keiten ein bestimmtes Werk zuschreiben kann, haben sich erhalten: Franz oder IVonLlirms,
Inder regiZ, der in den Jahren 1353 und 1350 erscheint, war für den Herrscher thätig,
und zwar vielleicht auch auf der Burg Karlstein, die Schmiede- und Schlosserarbeiten bei
dem St. Veitsdome leitete Wenzel oder Wanek/ der in den Domrechnungen aus den
Jahren 1372 bis 1378 vorkommt.
In der Zeit Wenzels IV. geht die Entwicklung dev Kunst auf der früheren Grund
lage weiter, nur hier und da überschreitet sie das Maß. Die Veränderung der Hoftracht,