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Weichporzellane heranreichte. Bleu de Sevres wurde der allgemeine
Name für diesen cobaldblanen Glasurfond.
Zum Metalle: Cobalt gesellen sich noch Chrom, Uran, Mangan,
Platin, Iridium und Gold, und damit ist die Zahl der färbenden Metalle
hier bald erschöpft.
Das reicht wohl zu einer Reihe von hübschen Farbfonds, die die
unermüdliche Anstrengung der Chemiker von Sevres mannigfach hervor-
zauberte, aber nur spärlich zu malerischem Decor.
Da ersann der Chef des peintres und nachmalige Director der
Fabrik, Robert, auf obigen Grundlagen ein Decorationsverfahren, das
mit einem Schlage dem Porzellan wieder seine Stellung sicherte als
edelstes, preciosestes Gebilde der Töpferkunst, als keramisches Juwel.
Es ist dies die päte sur päte oder, wie man sie jetzt nennt, päte
d'application, die Decoration mit Masse auf Masse.
Das uralte Verfahren der Töpferei, die Gefäße durch andersfärbige
Thonangüsse zu verzieren, ist da auf die schwierige Porzellanmasse
übertragen, verfeinert und zur höchsten künstlerischen Verwerthung
durchgebildet.
im Wesen besteht der Decor der päte d'application in Flachreliefs
aus weißer oder lichter Masse auf färbigem Porzellankörper. Die Aus-
führung ist folgende:
Auf das fertig geformte, getrocknete, nicht gebrannte Gefäss wird
mit Pinsel und Schwamm der farbige Grund - mit Scharffeuerfarben
gefärbte Masse - gleichmäßig aufgetragen, eventuell gekörnt, durch Radi-
rung gemustert.
Die Application des Bildes auf diesen Grund erfolgt dann mit breiiger,
flüssiger, weißer oder licht gefärbter Masse, die mit dem Pinsel aufgesetzt
wird. Jede auf den saugenden Körper gestrichene Lage trocknet rasch,
die Lagen wiederholen sich, es wird mit dem Pinsel weiter gehöht,
modellirt, bis das Bild - etwa eine Figur - eine gewisse Höhe, ein
Relief erreicht hat. Die Schärfen und Detailausführungen des Bildes
fehlen nun noch, sie sind mit Pinsel und flüssiger Masse nicht zu erzielen.
Nun wird sculpirt, geschabt, radirt, geschnitten, bis das Relief fertig wird.
Dann hat das Werk langer Mühe alle Phasen und Gefahren der
Fabrication zu durchlaufen - es wird verglüht, glasirt und im großen
Feuer gebrannt. Das Scharffeuer zaubert nun alle Reize des Materiales
und der Technik hervor. Die Glasur durchdringt das Relief, erweicht es,
der farbige Grund schimmert an den dünnen Stellen desselben durch,
gibt dem Bilde einen ätherischen Hauch, wie er nur noch den Limousiner
Emailen und den schönsten Werken der Gemmenschneidekunst innewohnt.
Für den an sich gemmenhaften Charakter des Porzellankörpers kann
kein edlerer, passenderer, kostbarerer Decor gedacht werden.
Kostbar auch im Sinne des Preises dieser Werke, der da dem Auf-
wande von Kunst und Technik entsprechend, so hoch steht, wie an keinem