428i
und sodann am Schlusse die wenigen gewirkten u. s. w. Stücke zu be-
sprechen. Innerhalb dieser Scheidung anbequemen wir uns der Einthei-
lung der ausgestellten Teppiche in alte und moderne, und beginnen mit
den alten. -
Große Hoffnungen wurden darauf gesetzt, eine größere Anzahl von
alten Teppichen gleichzeitig in einem Raume beisammen sehen zu können.
Ist doch unsere Kenntniss von der älteren Geschichte der orientalischen
Teppicherzeugung eine so lückenhafte, dass wir bisher eigentlich nicht
über ein einziges Kriterium zur Zeit- und Ortsbestimmung verfügen, das
über jeden Zweifel erhaben wäre. Das vergleichende Studium versagt in
diesem Falle, weil es auch auf fast allen übrigen Gebieten orientalischen
KunstschaHens nicht viel besser bestellt ist: an einer zusammenfassenden,
einheitlichen Geschichte der orientalischen Kunst fehlt es noch ganz, und
was für einzelne kleinere Gruppen, z. B. über die tauschirten Mossul-
Arbeiten des 13. und 14. Jahrhunderts Abschließendes zu Tage gefördert
wurde, das ist einerseits zu ungenügend, um es zur Grundlage einer
umfassenden kunstgeschichtlichen Darstellung zu machen, anderseits hat
man sich den Weg zu der letzteren beharrlich dadurch abgeschnitten,
dass man die orientalische Kunst als eine isolirte Erscheinung betrachtete,
deren Ursprung und leitende Entwicklungsmotive auf einem unserer
historischen Kenntniss völlig verschlossenen uralt arabischen oder ander-
weitigem urasiatischem Boden zu suchen und wohl auch niemals zu finden
wären.
Man durfte nun erwarten, dass unter den mehr als hundert ange-
meldeten älteren Teppichen sich doch der eine oder andere finden würde,
der etwa so wie einige alte Mossul-Arbeiten eine genaue Datirung enthielte.
Diese HoHnung ist leider nicht in Erfüllung gegangen. Es sind zwar
datirte Stücke eingelangt, aber dieselben gehören ohne Ausnahme unserem
Jahrhundert an. Wir bleiben daher auch für die Beurtheilung der auf
dieser Ausstellung versammelten alten Teppiche auf die hergebrachten
Kriterien angewiesen.
Das zuverlässigste und wissenschaftlich befriedigendste Kriterium
bietet noch die Paläographie. Mit Inschriften versehene Teppiche, deren
Aussehen auf ältere Entstehung schließen lässt, sind nun verhältnissmäßig
gut vertreten, aber auch diese stammen aus jüngeren Zeiten, wofür uns
die morgenländische Paläographie nicht mehr viel nützen kann. Man hat
ferner den bemerkenswerthen Versuch gemacht, die Paläographie auch
dort zu verwerthen, wo zwar Inschriften nicht deutlich als solche ein-
gefügt sind, aber gewisse daselbst zur Darstellung gebrachte vegetabi-
lische oder animalische Formen eine Stilisirung aufweisen, die dahinter
ornamental gebildete Buchstaben vermuthen lässt. Aus dem paläogra-
phischen Charakter dieser supponirten Buchstaben hat man nun auf das
Jahrhundert der Entstehung der bezüglichen Teppiche Rückschlüsse ge-
zogen, und auf solche Weise verhältnissmäßig sehr weit zurückgelegene