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Donner sta g den 24. Jäuuer begann der Professor der Hendelsgeschichta an der
hiesigen Handeleakademie, Dr. Adolf Beer, die angekündigten Vorträge über "Volks-
wirthschaft der Gewerbe mit besonderer Berücksichtigung des Kunst-
gewerhes". In der Einleitung berührte der Redner die grosee Bedeutung, welche in
neuerer Zeit die Volkswirthschaft im Leben der Völker und Staaten gewonnen habe, wovon
der bedeutende Aufschwung der Güterprodnction und die Unterordnung der äussern Politik
unter die Forderungen des Nationalwohlstandes einen entschiedenen Beweis abgeben. Die
Erkenntniss richtiger volkswirthschaftlicher Grundsätze müsse daher mit Recht als eine
der groseen Errungenschaften der Neuzeit angesehen werden. Indem nun der Redner auf
sein Thema übergeht, scheidet er die Erscheinungen der Aussenwelt in die zwei grossen
Hauptgruppen der Naturpredukfe und der Erzeugnisse von Menschenhand, welch' letztere
dem Bedürfnisse ihren Ursprung verdanken, die Natnrprodukte den Menschen dienstbar
zu machen. Hieran schliesst sich die Erörterung des Güterbegrilfes und der Frage über
die Bedürfnisse des Menschen. Nicht das Nothwendige allein sei Bedürfniss, sondern in
Folge der gewonnenen höheren Culturstufe auch das Schöne, womit die Kunst in die Ge-
werbe trete. An die Mittheilung alles dessen, was zur Deckung der Bedürfnisse des Men-
schen in verschiedenen Beziehungen nothwendig sei, reibt Redner eine Uebersicht der
Hauptzweige der Production in ihrer allmäligen Entwicklung, zunächst des Ackerbaues
und dann der Gewerbe, deren möglicher Fortschritt als unbegrenzt bezeichnet werden müsse.
Hieran schliesst sich die Definition des Begriifes des Capitales und jener Momente, welche
zu dessen Bildung und zur Arbeitskraft der verschiedenen Völker am meisten beitragen,
endlich eine Skizzirung der Geschichte der Arbeit im Alterthum, deren geringfügige Be-
deutung durch die socialen Anschauungen der damaligen Zeit erklärt wurde.
In dem zweiten Vortrage, Donnerstags den 31. Jänner, ging Redner auf
die Besprechung des Handwerks sowie des Zunftwesens im Mittelalter über. Neben
einer Classe von Knechten, welche sich der Bewirtbschaftung des Bodens widmeten, gab
es eine andere, welche die unentbebrlichsten Handwerke betrieb und durch ihre gemein-
same Arbeit eine Vereinigung oder Innnng bildete. Erst nach und nach erlangte das
Handwerk neben dem Ackerbau eine selbstständige Stellung und verschaßte sich Aner-
kennung, in welcher Beziehung die allmiilige Entwicklung des Stüdtewesens und der Ein-
liuss der Kreuzzüge fördernd wirkte. Die Ausbildung des Zuuftwesens falle in das ll.
bis 13. Jahrhundert. Unter den Ziinften habe sich das Baugewerbe am spätesten zu-
sammengeschlossen, aber durch seine Knnstfertigkeit die Zunft vor allen andern zu Ehren
gebracht. Mit der Blüthe der deutschen Städte stehen auch die Gewerbe auf ihrem Höhe-
punkt. Aber erst nach einem mehrhundertjährigen Karnpfe erlangten die Züntte auch po-
litische Gleichberechtigung. Das 14. und theilweise das I5. Jahrhundert füllen diese Glanz-
periode des Handwerks aus. Doch schon durch den Untergang der Hansa und das Sinken
des deutschen Handels starb der Lebensnerv des Gewerbewesens ab, womit der moralische
und sittliche Verfall der Zünfte Hand in Hand ging. Dieselben traten endlich unter die
polizeiliche Oberaufsicht des Staates, welcher durch die absolute laudesherrliehc Gewalt
ihre selbstständige Autonomie in Kurzem beinahe gänzlich beseitigte. Mit einer Darstel-
lung der gewerblichen Verhältnisse im 18. und 19. Jahrhundert und dem Hinweise, dass
das Fesseln der Verhältnisse durch Satzungen sich nirgends verderblicher zeige, als im
Reiche der Güterwelt, wie durch das aufkommende Maschinenwesen allmälig ein Gewerbe
nach dem andern sich aus dem zünhigen Wesen herausarbeitete und das Zunftwesen durch
eine Anzahl freier und concessionirter Gewerbe durchlöchert wurde, schloss dieser Vortrag.
In seiner dritten Vorlesung, Donnerstag den 7. Februar, erliutertelledner
den Untdrschied zwischen dem Handwerker, der auf Bestellung arbeitet, und dem Fabri-
kanten, der seine Artikel im Hinblick auf künftigen Bedarf herstellen lässt, und setzte
sodann in eingehender Weise den Einduss, den die Maschine auf das Handwerk genommen,
auseinander. In klarer Weise vries er nach, welch' ungeheuren Aufschwung die gewerb-
lichen Verhältnisse hierdurch erfahren, wie die Maschine in kürzester Zeit das zu leisten
vermöge, was durch die Menschenhand nur langsam und mühevoll erzeugt werden könne,
und zu welch' blühendem Zustande durch dieselben es die Gewerbe, besonders in England
und Belgien, gebracht hätten. Welclf ungeheuren Einfluss hatte nicht die Weberei sowohl
in Seide als in Wolle, auf die Spinnerei, die Papierfabrication, die Glasindustrie, ja sogar
auf die Weissstickerei ausgeübt, die man sich früher nicht anders als durch Menschenhand
hergestellt denken konnte. Die Sticker und Stickerinnen im Erzgebirge fangen nun nach
dem Beispiel der Schweizer, von denen die Stickurt auch den Namen führt, mit Maschinen
zu arbeiten an. Nur auf ganz wenige gewerbliche Gebiete, wie z. B. auf das Messer-
schmiedhandwerk, habe die Maschine bisher keinen Einfluss geübt. Die oft vorkommende
Annahme, als sei durch die Maschine die menschliche Hand entbehrlich geworden, müsse
als ganz unrichtig bezeichnet werden, indem gerade in den Ländern, in welchen am mei-
Fbrhetzung auf der Beilage.