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Full text: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1867 / 17)

 
wurden zu Bäumen, Theebüchseu wuchsen aus Eichbäumen hervor, 
Champagnerkühler stellten das Eismeer dar mit Eiszapfen und Eisblöcken, 
zwischen denen sich die Eisbären tummelten. 
Der sicherste Beweis, dass dieses Verfahren aufhört Kunst zu sein, 
ist der, dass es zur Mode wurde, so dass also nicht mehr die Schönheit, 
sondern die Neuheit das Ziel der Kunst war. Davon zeigte sich alsbald 
eine andere traurige Folge. Die Sucht nach Neuem erschöpfte den Kreis 
der Dinge, so weit und willkürlich er auch gezogen schien; ein Fabri- 
kant musste den anderen mit den frappantesten Neuigkeiten, die urplötz- 
lich mit der Saison auftauchten, überbieten, und so kam man zu den 
hirnverbranntesten Gedanken. Zuerst sollte das Gold Leder sein und 
wurde zu Riemen zerschnitten, dann kamen die Schnallen, dann die Huf- 
eisen, die Schnürbrüste, Jokeymützen, Kalpaks u. s. w., welche alle mög- 
lichen Gefasse darstellten oder verzierten. Und hierin ist die Gold- 
schmiedekunst nicht einmal original, sondern sie folgt nur der unechten 
Waare, den sogenannten Galanteriegegenständen, denen diese Sünde vor- 
zugsweise auf dem Gewissen liegt. 
Doch lassen wir das. Es ist allgemach zum Ekel geworden, und 
seine Stunde dürfte auch, so viel es noch grassirt, bereits wie die des 
Naturalismus geschlagen haben. 
Vielleicht war es mit der Ueberdruss an diesen Dingen, welcher 
dazu trieb, aller Ornamentation überhaupt zu entsagen und allein das 
pure blanke Gold in Wirkung zu setzen, in jedem Fall ein Gestiindniss, 
dass die Goldscbmiedekuust als Kunst Bankerott erlitten hatte. Jetzt 
waren Brochen nur blank polirte Goldscheiben, Armbänder nur derglei- 
chen Bander, ohne irgend eine Zeichnung, eine Gravirung, Emaillirung 
oder Relief, höchstens dass inmitten in plumper oder gar keiner Fassung 
ein Edelstein sass. Auch das gab den Verfall der Goldschmiedekunst 
zu erkennen, dass so wenig der Goldschmied wie der Juwelier auf zier- 
liche Fassung der Edelsteine bedacht war, eine Kunst, worin einst die 
Griechen und die Italiener der antiken Zeit wie der Renaissance so viel 
Geschmack bewiesen und es zu ausserordentlicher Vollendung gebracht hatten. 
Kurzum , wohin man auch vor zehn oder fünfzehn Jahren sah, in 
dem allgemeinen Zustand der Goldschmiedekunst herrschte nichts als 
Verfall und Geschmacklosigkeit; das Relief vernachlässigt, das Email ver- 
gessen, die Verwendung der Edelsteine mangelhaft, die Gefassbildung 
ohne Schönheit, anstatt der Gedanken Unsinn oder platte Abwesenheit 
von Ideen mit absichtlicher Entsagung. 
Gott sei Dank, es sollte in jüngster Zeit. anders werden; ein anderer 
Weg ist wenigstens schon vielfach betreten. Das Resultat der grossen 
Ausstellungen, der Eifer der Archäologen und archäologisch gebildeten 
Künstler, welche fort und fort Umkehr zu den guten Mustern der Ver- 
gangenheit predigten, endlich die Einsicht einzelner kunstverständiger
	        
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