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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1868 / 37)

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Museum in Wien in den wenigen Jahren seines Bestehens bereits seine Früchte getragen 
und welche es getragen, ist allbekannt." 
„Aber auch sonst geht das Streben wohlgesinnter Männer unserer Zeit dahin, dem 
Kunstgewerbe einen neuen Aufschwung zu gehen, der Unsicherheit des Urtheils, der Zer- 
iiahrenheit in den Wünschen und Forderungen des Publicums ein Ende zu machen, dem 
Geschmacks des Künstlers die Richtung auf's Echte und Wahre zu gehen, Sinn üir Form- 
schönheit, verbunden mit Zweckmässigkeit, Sinn für etwas Höheres und Besseres, als was 
das kaufende Publicum „elegante Fugen" nennt und als "modern" preist, zu erwecken, 
an Stelle der bestimmenden souverninen Laune eben dieses Publicums, welches die Waare 
nach seinem Geschmacks verlangt, weil es sein Geld daüir zuträgt und der getiigig ent- 
gegen kommenden Nachgiebigkeit des Künstlers, der auf die Kauflust seiner Kunden an- 
gewiesen ist (wenn man nicht etwa sagen will, dass Künstler und Publicum einander 
wechselseitig verziehen und irre machen), durch Bekanntmachung mustergiltiger Werke 
aus glücklicheren Kunstzeiten, durch Berichte über neue gelungene Arbeiten, durch Dis- 
cussionen und theoretischeAuseinandersetzungen der speciellen Aesthetik des Kunstgewerbes 
Einsicht, richtiges Urtheil und guten Geschmack in's Leben zu rufen. 
„In diesem Sinne dürfen wir die eben eröfnete Junstgewerbliche Ausstellung" in 
Prag als ein Ereigniss von grosser Wichtigkeit undTragweite auf das Freudigste begrüssen." 
Noch während der Dauer der vorjährigen Pariser Weltausstellung machte dle 
Direction des k. k. österreichischen Museums für Kunst uud Industrie in Wien der Prager 
Handsls- und Gewerbehammer das Anerbieten, eine bei Gelegenheit jener Ausstellung 
erworbene Mustercollection in Prag zur Ausstellung zu bringen, welches Anerbieten die 
Kammer mit Vergnügen annahm. 
Im Monate Mai des laufenden Jahres wurde zwischen dem Director des Museums 
und dem in Wien anwesenden Becretiir der Handelskammer die Verabredung über den 
Zeitpunkt und den Umfang der Ausstellung getrolfen, welcher Vereinbarung die Handels- 
und Gewerbekammer in der Sitzung am 26. Mai 1868 ihre Zustimmung ertbeilte, indem 
sie gleichzeitig den Termin der Erölfnung auf den 1. October l. J. und die Dauer bis zum 
Schluss dieses Monates festsetzte und beschloss, mit der Vorbereitung und Leitung der 
Ausstellungsangelegenheiten ein vom Präsidium aus Kammermitgliedern sowie aus Kunst- 
freunden und Fachmännern ausserhalb des Schoosses der Kammer zu ernennendes Comite 
zu betrauen. 
Anfangs Juni weilte der Director des Museums B. v. Eitelberger in Prag, um mit 
einigen vom Präsidium der Kammer einberufenen Herren die Art der Ausführung des 
Näheren zu besprechen. 
Am 10. Juli constituirte sich das Comite, dessen Mitglieder wir bereits in frühe- 
ren Heften der Mittbeilungen namentlich angeführt haben. 
Neben den anderweitigen Vorkehrungen war das Comite vornehmlich darauf be- 
dacht, von den ihrn bekannten Knnstschätzen so viel als möglich zu gewinnen, um ein 
annähernd vollständiges Bild der kunstgewerblichen Thätigkeit zu erzielen. Seine Erwar- 
tungen sind auch nicht getäuscht worden. Mit dankeswerther Bereitwilligkeit sind fast alle 
P. T. Besitzer, an welche sich das Oomitd gewendet, dem Ersuchen entgegengckommen. 
Andererseits hat sich dem k. k, österreichischen Museum eine Reihe Industrieller ange- 
schlossen, deren Betheiligung von um so grösserem Interesse ist, als in den von ihnen 
ausgestellten Erzeugnissen zum grossen Theil bereits der Einduss ersichtlich ist, welchen 
das Museum auf jene Zweige der Gewerbthätigkeit ausübt, an deren Wertb die Schönheit 
der Form einen wesentlichen Antheil hat. 
S0 geschieht nun mit dieser Ausstellung wieder ein - wie wir hoden dürfen - 
bedentsamer Schritt, um die dem Museum bei seiner Gründung vorgesteckte Mission in 
ihrer ganzen Ausdehnung zu erfüllen, nämlich seinen befruchtenden Einßuss über das 
Weichbild der Reicbshaupt- und Residenzstadt Wien hinaus in alle Theile des Reiches 
zu verbreiten. Wohl hat dasselbe es schon in früheren Jahren an Bemühungen in dieser 
Richtung nicht fehlen lassen. Es wurden wiederholt Muster, Zeichenwerke und Nachbil- 
dungen dargeliehen und ausgestellt, und den Schulen die Anschsdung der von dem Mu- 
Wllm gebotenen Lehrmittel empfohlen. Auch fand in Böhmen bereits im J. 186) eine 
Filialausstellung, und zwar zu Leitmeritz, statt. 
_ Von grüsserer Tragweite und Nachhaltigkait jedoch dürhen, wie sie auch nach 
91116111 grösseren Plane unternommen wurden, erst die Filialausshsllungen in Reichenberg 
und Prag sich erweisen, von denen die erstere kürzlich geschlossen wurde, während die 
Zweite eben den Blicken des Beschauers enlgegentritt. 
"Siß ist für Prag etwas ganz Neues und ist eben so wenig eine blosse archäo- 
logische Ausstellung (wie die im Jahrs 1861 von dem verdienstvollen Ferdinand Mi- 
kßwec angeregte und geleitete, vom Vereine „Arsadiß veranstaltete, in der aller- 
dings iu der Eile auch viel Rumpelkammergut mitlief); als sie mit jenen Gewerbeausstele
	        
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