Die Urbsvölksrung Klcluasisns, welche den im Innern des Landes aufgespcicherten
Schatz an Bauholz nicht vsrschmlibte, benutzte such bald die edleren Hölzer, die Esche,
Cypresse, die (Jeder etc. zu Holzarbeiten. welche sie wohl mit Metall zu verbinden und zu
schmücken verstand. Die Wagen, auf densn die Helden in den Streit zogen, wurden zu-
meist aus Feigenbaum- oder Pappelholz gezimmert, das Joch, gewöhnlich für zwei Pferde,
zierlich aus Buchsbaumholz geschnitzt.
Die Inder, welche ebenfalls Holz zuerst als Baumsterial verwendeten, hatten es
bald zu hoher Cultur und frühzeitig zu besonderer Vollkommenheit in dsr Holzschnitzerei
gebracht. Sogar Schmucksachen (Arm- und Ohrringe) und Tbilsttegegenstiinds schnitzten
sie aus edlem Holze.
Von den europlischen Völkern sind es in erster Linie die Griechen, die von un-
serem Standpunkte in's Auge zu fassen sind. Die Gefiissschnitzerei hatte in Griechenland
eins solche Höhe erreicht, dass uns die Geschichte sogar den Namen eines hervorragen-
den Kiinstlsrs in diesem Fachs aufbewahren zu müssen glaubte; es ist dies Tberikles.
Besonderer Wertb wurds auf die Trinkgefiisss gelegt, welchs aus edlem Mstall und Holz
gefertigt wurden und swts mit plastischem und malerischem Schmuck ausgestattet waren.
Die Holzsculptur im höhsren Sinne des Wortes ist bei ihnen sehr alt, denn gewisse Holz-
gebilde, welche Gottheiten darstellten, sah man der Sage nach als vom Himmel gefallen
oder als unmittelbar von der Gottheit gesandt an. Man kann sogar annehmen, dass die
erste Bildnersi sich ausschlissslich des Holzes bediente und daher Schnitzerei war. Dis
„Herrnen' waren nichts anderes als dis ersten Versuchs der Plastik an den leicht zu he-
arheitenden hölzernen Pfeilern, die dem Cultus der Götter geweiht waren. Später wurden
förmliche Statuen geschnitzt. Aber diese Figuren wurden lange Zeit in conventionellen
Formen hergestellt, der Aufschwung beruhte nur auf einem decorativeu Princip, das sich
durch Ausschmiickung dsr Statuen durch Elfenbein oder Goldblsch iiusserte. Nach und
nach fing man an, Kopf, Fiisss und Anne aus Stein herzustellen. (Phydiam)
Auch bei dsn Völkern Italiens wurde die Schnitzerei mit grosssr Geschicklichkeit
ausgeübt.
Bei den slavischsn Bewohnern des östlichen Europa sowie hsi den Scandinaviern
war dis Holzschnitzerei sinss dar wichtigsten Gewerbe.
Dsr Schild der Scandinavier aus Lindenholz hiess "Linde"; fiir den Schaft ge-
wisser Waden wählte man am liebsten Eschenholz, wonach sie „Askcr" hiesssn; dis Ulme
und Eibe für den Bogen (nslmaß, „Yr").
Die frühesten Holzschnitzereien an Thüriiiigeln norwegischer und isllindischer
Kirchen stammen aus dem I0. Jahrhundert und stellen in massig durchhrochcner Arbeit
und bunter Bemalung mit Oslfarben eins banrlartig verschlungene Verzierung dar. Aus
späteren Zeiten (Anfang des 13. Jahrhunderts) stammen geschnitzte Mobilien, Hsrrcnsessel
oder „iluysednf, Laden oder Kästen.
Dis alten deutschen Holzgeriithe lassen in handwerklicher Beziehung eine nicht
unbstriichtlich vorgeschrittene Geschicklichkeit annehmen, was jedoch die Verzierungsweiss
anbelangt, stehen sie auf sehr niedriger Stufe; rohe Profilirungen, wie solche die Dreh-
bank mechanisch hergibt. Zwar finden sich noch Gegenstände von mannigfacb reichsrer
Durchbildung vor, namentlich einige aus Holz geschnitzte Todtenschuhe. Das Ornament
entspricht der im 5. Jahrhundert üblichen Vsrzierungsweise mit willkürlich verschlungensm
Gsrismsel und rohen Thiergestslten.
Schon vom G. Jahrhundert an ist indessen ein Aufschwung wahrnehmbar. Aus dem
6.--I0. Jahrhundert sind uns Holzschnitzereien erhalten worden, die man wohl Kunst-
werks nennen kann. Vom l'Z. Jahrhundert angefangen veredelt sich schon die Form
des Mobiliars, dessen vomebmster Schmuck eben Schnitzereien in Holz sind.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurden in Deutschland das erste und letzte Ding, dessen
der Mensch bsdarf, geschnitzt, und zwar gewöhnlich aus einem Stück Baumstamm, -
ich meine die Wiege und den Sarg.
Die bildende Kunst in Holz blühte in Deutschland auf mit dsr gothischsn Bau-
kunst und verkörperte im Innern dsr Kirchen und der Hiiussr dieselben Knnstideen, durch
welchs der Architekt den Stein belebte.
Im I6. Jahrhundert ist die Holzschnitzerei zur höchsten Bliiths gelangt. Ein Äl-
brecht Dürer verschmähts es nicht, dem Holze den Stempel seines Gsnirfs aufzudrücken.
Aber nicht hlos bevorzugte Geister schufen in Holz Werke, die heute unsere Bewunderung
erregen, nein, sbsn für die Holzschnitzersi ist charakteristisch, dass sie ihre tiefsten Wur-
zeln im Volke selbst hat. Die Bevölkerung ganzer Thälsr in den Alpen, im Thüringer
Wald, im Schwarzwald befasst sich seit Jahrhunderten mit dsr Holzschnitzerei.
Schon im Jahrs 129-1 war in Berchtesgaden die Schnitzkunst nebst dem Bergbau
Haupterwsrbsqxrclle der Bewohner. Die Mönche vom Kloster Rotteullslrll lßllßu diese
Kunst dahin verpiianzt haben. .