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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1869 / 42)

 
Im Weiteren ist mitzutheilen, dass ein bedeutender Theil des Jahresi 
credites von 240 Tlnalern für die Sammlung auf die Anfertigung von 
grossen gemalten Wandlafeln verwendet wird, die meiner Ansicht nach 
ein ganz trelfliehes Hilfsmittel sind. Freilich müssen dieselben den Be- 
dürfnissen entsprecheud angefertigt werden. 
(Schluss folgt im nichsleu um.) 
Fortschritte des Oriontalismus in der Knnstindultrie. 
J. F. Wer sich heute, gestärkt durch die Erfahrungen der Pariser Ausstellung, bei 
dem kunstindustriellen Schaßen auf das Beobachten legt, der wird im Einzelnen manche 
interessante und manche wohlthuende, erfreuliche Wahrneh r g zu machen haben. Dies 
gilt insbesondere von dem Wachsen des orientalischen Gesc niacks. Vor kaum zwei oder 
drei Jahren noch, wenn wir Er die Fliichendecoration und insbesondere für die gewebten 
StoEe die orientalische Kunstweise warm empfahlen; wenn wir dafür persische und indische 
Arbeiten als Muster aufstellten, als verwendbar in unserer modernen Wohnung, wenn wir 
selbst prophetisch den Sieg dieser Kunstweise über unsere moderne Ornamentik auf dem 
genannten Gebiete mit Bestimmtheit verauszusagen uns getrauten, so glaubte man darin 
Schwärmerei zu finden und es unserem heiligen Eifer für eine gute Sache verzeihen 
zu müssen. 
In der That tritt jetzt ein, was wir gesagt haben. Der Orientalismus wird jetzt 
Mode in der Kunstindustrie; wir hoEen aber, dass er mehr als Mode wird, dass er inner- 
halb der Grenzen, die ihm gebühren, zur bleibenden Reform unseres Geschmackes dienen 
wird. Auf der Pariser Ausstellung waren alle cornpetenten Leute einstimmig darin - und 
es kann hier von einem individuellen Urtheil, von besonderer Liebhaberei unsererseits gar 
nicht mehr die Rede sein - dass auf dem hier besprochenen Gebiete die orientalische 
Decoration durchaus den Sieg über die europäischen Rivalen davongetragen hatte, und es 
gilt das, wie von den türkischen, persischen und indischen Originalen, ebenso auch und 
insbesondere von den Imitationen von Philipp Haas und Söhne, die den Vorthcil gehabt 
hatten, alte Muster ihren Arbeiten zu Grunde zu legen. Auch unter den französischen und 
englischen Geweben, zumal auch unter den deutschen, zeichneten sich die Imitationen im 
orientalischen Styl von den übrigen mit modernen europäischen Mustern aus. Wer aber 
genauer die Sachlage kannte, der wusste, dass im Gebrauch des Lebens die Zahl dieser 
orisntalisirenden Steife noch sehr gering war im Verhältniss zu ihren Rivalen , und dass 
sie oh mehr als Versuche und als Ausstelluugsartikel fabricirt waren denn für das Geschäft. 
Von den Hauptstiicken dcr Haashchen Fabrik auf der Ausstellung ist es ja bekannt, dass 
sie fiir einen ganz besonderen Zweck entstanden sind und selbst hiefiir die Zustimmung 
in Zweifel stand. 
War der Erfolg des Orients bei Kennern und Leuten von Geschmack ein grosser 
und mit Entschiedenheit ausgesprochen, so konnte er immerhin bei dem grossen kaufenden 
Publicum gleich Null bleiben. Nunmehr scheint aber auch hier die bessere Einsicht zum 
Durchbruch zu kommen, andererseits die Mode, die nach dem Neuen huscht, einmal sich 
auf diese Art der Verzierung werfen zu wollen. Die orientalische Frage ist in der Kunst- 
industrie aufgeworfen und muss gelöst werden. Die Franzosen sind kluge Leute und wie 
sie immer des Neuauftanchenden sich rasch zu bemächtigen verstanden haben, worin das 
wahre Geheimniss ihrer Herrschaft im Geschmack besteht, so haben sie denn auch im 
vorigen Jahre die Bedeutung der orientalischen Decoration wohl begriifen. Statt indische 
Muster, wie es wohl bisher geschah, fiir den Export nach Indien selbst zu verwenden, 
gebrauchen sie nun dieselben zu allerlei Artikeln für unseren häuslichen Bedarf. 
Mit ihrer Gewandtheit und Beweglichkeit auf diesem Gebiete gelingen ihnen denn 
auch viele dieser Artikel ganz vortrefflich, wenn sie auch seltener den Styl rein zu halten 
verstehen. Ich mache nur auf die so gefßlligen rauhgewebten Bonrettestoßs mit gedruckten 
Mustern aufmerksam, die bereits zu Tischdecken, Vorhängen, Möbeliiberziigen dienen. 
Auch die eben so prachtvollen wie reichen gestreiften Seiden- und Brocatstoße der Indier 
mit den eingewebten Gold- und Silbermusbern, die hier wohl Bewunderer, aber, weil man 
nichts damit anzufangen wusste, kaum Nachahmer fanden, werden bereits von den Fran- 
zosen zu den feinsten Möbeistoden vortrefflich verwendet, 
Forlselzolny auf der Beilage.
	        
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