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der Kirche gewidmete Goldschmiedekunst, in der sich jene Styl-Wand-
hingen so klar spiegeln, dass ihre Hervorbringungen nicht allein zur
Abrundung und Vervollständigung des Bildes des Kunststandpunktes
einer gewissen Zeit dienen, sondern dass sie sogar durch die Sorgfalt
und Wichtigkeit, die ihnen von Verfertigeru und Bestellern beigelegt
wurde, den vollen Werth selbständiger Kunstdenkmale erhalten, zumal
wenn sie aus jenen Jahrhunderten stammen, aus denen die Reste spär-
lich genug auf uns gelangt sind.
Es ist aber ungleich schwerer, demjenigen, der sich wenig in eine
historische Anschauung vertieft hat - also der grossen Menge des Publi-
cnms - das einigermassen richtige Verständniss des Mittelalters und der
Denkmäler, die es uns hinterliess, zu eröifnen, als das der Renaissance
und selbst der Antike. Dies nicht etwa hlos darum, weil deren Pro-
ductionen überhaupt höher stehen, sondern weil der Grundton der An-
schauungen des Mittelalters, der auch aus den Kunstwerken reflectirt,
ein wesentlich verschiedener ist von den leitenden Ideen der antiken und,
daher herübergenommen, auch der modernen Welt.
Doch, um bei unserem Gegenstands zu bleiben, habe ich hier darauf
hinzuweisen, dass neben der hohen archäologischen Bedeutung der Alter-
thümer des Welfenschatzes ihnen eine um nichts geringere allgemein
künstlerische innewohnt. Vor Allem sind es die Emailwerke - Reli-
quienschreine und Tragaltärchen - und die reich aufgebauten Ostenso-
rien, die unsere Aufmerksamkeit fesseln.
Die Kunst der Emailmalerei ist neben der ihr in vielen Stücken
ähnlichen Glasmalerei eine der schönsten Techniken, die das Mittelalter
schuf und zur Bliithe brachte, und so ganz ist sie aus ihm entsprossen,
dass selbst die Stylbedingungcn des Emails - wenigstens gilt dies ganz-
lich für das Emuil champlevee - selbst in seiner heutigen Anwendung
nur erfüllt werden können im Anschlusse an die Kunstweise des roma-
nischen oder frühgothischen Styles. In welchem Masse die Formen-
und Farbengehung des Email champlevee mit dem genannten Zeitstyle
eng verbunden ist, erhellt aber schon daraus, dass wir es mit ihm ent-
stehen und gänzlich ausser Üebung kommen und verschwinden sehen,
als in der Kunst eine neue Zeit heranbrach, deren Forderungen diese
Eniailtechnik nicht mehr entsprechen konnte. Bei der gegenwärtig an-
gebahnten Wiederbelebung der Emailleurkunst wird ein genaues Studium
der alten Werke eine Grundbedingung des Erfolges und der Weiterbil-
dung sein. Das grosse knppelfirmige Reliquiar des Welfenschatzes kann
ebenbürtig an die Seite der bedeutendsten Emailwerke, die uns erhalten
sind, gestellt werden, wie der Schrein der heil. drei Könige in Köln und
das Klosterneuburger Altarwerk. Schon der Aufbau dieses Reliquien-
schreines ist ein in edel-einfacher Weise schön entworfener. Einer qua-
dratischen Grundfläche sind an den Rechteckseiten kleine Vorbauten