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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1869 / 43)

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des österr. Museums in ziemlicher Anzahl enthält. Wir haben dieses Genre längst der 
Nachahmung empfohlen, allein der Versuch, der von Faber in Lettowitz in dieser Rich- 
tung gemacht wurde, hat wenig Anklang gefunden. Wir zweifeln nicht, dass das Publicum 
den französischen Arbeiten mehr Sympathie schenken wird und dass diese Gewebe nun in 
Mode kommen werden. In der That verdienen sie es, dann der Eßect ist vortreßlich. 
Die Wirkung liesse sich noch entschieden erhöhen durch Unterlegung, Verbindung und 
Abwechslung mit farbigen Seidenstolfen. Die ersten äusserst gelungenen Versuche dieser 
Art haben wir bereits bei Ph. Haas 8c Söhne gesehen. 
Die Farbe ist die zweite Eigenschaft, welche einen Theil der französischer: Gewebe, 
die Servietten von Leinendamast, auszeichnet. Auch hierauf haben wir bereits früher mit 
Rücksicht auf die Servietten, Handtücher, Tiechdecken des 15. und 16. Jahrhunderts mit 
ihren blauen und rothen Streifen und Bordüren aufmerksam gemacht. Unsere Bemer- 
kungen waren umsonst. Nun sehen wir die Franzosen den Anfang machen und wieder 
Farbe in die Leinwand und in das Tischzeug einführen. Vielerlei Farbe verträgt dieser 
Stoff allerdings nicht und es haben sich daher auch die Franzosen auf Roth und Blau 
und ein lichtes Gelb beschränkt. Die Versuche, namentlich die mit Roth und Blau, sind 
in ihrer Wirkung als vollkommen gelungen zu betrachten und werden hoßsntlich bei uns 
Nachahmung finden, denn die Hjnzufügung von farbigen Bordüren - mehr möchten wir 
vorderhand nicht einmal empfehlen - kann den Reiz unserer Tischleinwand nur erhöhen. 
So sehr wir uns mit diesen Neuerungen einverstanden erklären, so wenig können 
wir uns für zwei andere Gewebe derselben Fabrik von entgegengesetzter Art erwärmen, 
von denen namentlich das eine, das schon auf der Pariser Ausstellung sich befand, bei 
nicht künstlerisch gebildeten Technikern ausserordentliches Aufsehen gemacht hat. Es 
ist ein grosses Bildgewebe, damastartig aus einem sehr starken grauen Hanffaden, mit 
weisser Seide durchschossen; diese bildet das Licht, jener die Schatten. Die Wirkun 
ist vollkommen die einer Damastweberei und also vom auffallenden Lichte und der Stellung 
des Bescbauers abhängig. Der Gegenstand ist eine Allegorie des Friedens nach Lebrnn; 
die Hauptfigur zeigt das Porträt der Kaiserin Engenie. Die Intention war offenbar, ein 
Kunstwerk in Art eines Gemäldes oder einer Zeichnung, gleich den Gobelius, nur ohne 
Farbe, damastartig, durch Weberei hervorzurufen. Ein Jeder wird mit Vergnügen zu- 
geben, dass dies bis zu einem relativ erstaunlichen Grade erreicht ist und dass die Damast- 
weherei etwas Gleiches wohl nicht hervorgebracht hat. Nichtsdestoweniger kann das Werk 
vom Standpunkte der Kunst aus keinerlei Vergnügen machen: die Gesichter sind hart, 
theilweise selbst Caricatur. Als Gemälde oder Zeichnung betrachtet, bleibt es weit hinter 
den französischen Gohelins zurück und entspricht durchaus nicht den Anforderungen, die 
wir an ein Bild als Kunstwerk zu stellen haben. Und das ist noch der einzige Stand- 
punkt, von dem aus wir diese Arbeit rechtfertigen könnten. Denn betrachten wir sie vom 
decorativen Standpunkt aus als rein kunstindustrielles Werk, das seinen Zweck nicht in 
sich selber trägt, so wissen wir gar nicht, was wir damit anfangen sollen. 
Schon die Bestimmung, wenn wir danach fragen, setzt uns in Verlegenheit und 
Niemand konnte uns mit Bestimmtheit darüber Auskunft geben. Soll es eine Tischdecke 
sein, wie Stoff, Technik, Anschein auf den ersten Blick zu lehren scheinen. so muss 
eigens der Tisch für dieses Gewebe erst gemacht werden, wie der Rahmen für ein Bild. 
Und dann, liegt es auf dem Tisch, so ist immer nur eine Person, diejenige, welche gerade 
vorne sitzt, so glücklich, das Kunstwerk bewundern zu können, vorausgesetzt, dass das 
Licht gerade in rechter Weise auffällt und die Zeichnung nicht, wie zu erwarten steht, 
mit allerlei Geräthen sporadisch bedeckt ist. Nehmen wir das Werk als Wandtableau, so 
wird es mit der grauen Oede seiner grossen Fläche die Harmonie des Zimmers zerstören, 
ohne dass es mit seinem künstlerischen Werth dem näher tretenden Betrachter viel Freude 
gewährt. Soll es gar den Plafond verzieren, so dürße es erst recht wirkungslos werden; 
auch möchte es eine kühne Neuerung sein, Damastgewehe an die Decke zu spannen. 
Kurzum, wir wüssten wahrlich nicht, was wir mit dem Stücke anfangen sollten. Am 
ersten könnte man sich dasselbe als ein einfaches Experiment gefallen lassen, wie weit es 
künstlerisch in dieser Technik zu bringen ist. Dann wäre es um so lehrreioher, weil 
diese ganze Art der Decoration dadurch ad absurdum geführt und einfach gezeigt wird, 
welcher Weg nicht einzuscblagen ist. Allein dieses Genre entspricht nur zu sehr dem 
bisherigen Geschmack der Franzosen und zahlreiche Ähnliche Beispiele auf der Ausstellung 
bewiesen, dass der Standpunkt des Experimentes längst überwunden war. In jedem Falle 
muss man dem Museum für die Ausstellung eines Werkes dankbar sein, das die höchst 
erreichbare Spitze in seiner Fabrication ist und uns zur Lehre und zur Warnung zu- 
gleich dient. (Wr. Ztg.)
	        
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