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Msureru, die andere von Schlosscm und Mascbinenarbeiterh, Gesellen sowie Lehrlingen
horriihrend, - sind siimrntlich noch sehr primitiver Natur, was übrigens bei den wenigen
wöchentlichen Unterrichtsstunden und ungenügender oder gänzlich fehlender Vorbildung
nicht Wunder nehmen kann.
Wir kommen nun zu den a erstellten Arbeiten der Damenclaase, ln welcher
Elementare und gewerbliches Zeichnen urch den Maler Schsllsr und Modelliren vom
Bildhauer Göritz gelehrt wird. Man beginnt mit Linearzeichnsn In Hefte von Fonnm
und Mustern, die auf dem Dreieck, Viereck und Sechseck, desgleichen auf dem Kreise
beruhen, und gebt dann zu einfachen, architektonischen Gliedvsrzierungen über; ferner zu
Copien nach Ornßmeub, Blumea- und Gyps-Vorlagen; endlich zum Malen nach einfachen
Verzierungen und Mustern für Stickerei, Nähterei etc. Auch finden sich in besonderem
Verscblusse noch einige praktische Verwendungen vor, Erstlingsversuche im Malen auf
Holz, Stolf und Porcellan. Fächer, Tassen, Schalen, Kngenetickerei u. s. f.
Die Modsllirarbeiteu bestehen in Copieu nach Omamenteu, Figuren, und Thier-
tbeilen, und ganzen Figuren und Tbiercn nach Gypsmlief. Bei der Betrachtung derselben
wird es evident, dass deren Anfertiger noch nicht auf der Ausbildungshöhe standen, um
diese diversen Aufgaben genügend lösen zu können, denn Ausführung sowohl wie Ver-
stäudniss der Formen lassen viel m wünschen übrig.
Biemit möge dis specielle Betrachtung der ausgestellten Arbeiten geschlossen sein.
Vorträge über chemische Technologie, über Farbenlehre, ferner über Geschichte der
Kunstgewerbe finden wir zwar im Unterricbhplsne des ersten Quartals angezeigt, des-
gleichen auch Projectionsiebm, Perspecüv- und Schattsnconstruction für Bmhandwerker
und Maschinenbauer, aber iu den Pßuen der folgenden Quartale ist davon keine Spur
mehr vorhanden, und werden diese Hilfswissenschaßcu auch vorläufig, mit Ausnahme
einiger Stunden in beschreibender Geometrie, nicht mehr gelehrt, noch ist uns auch
irgend eine Notiz über den Fortgang der erstgenannten Vorträge zu Ohren gekommen.
Glaubts die Leitung der Schule nun dieser Hilfswisseuschaften für kunstgewerhliche Bildung
und selbst fiir Bauhmdwcrku und Masohiusnsrbeiter in der Folge ganz sich entledigen
zu dürfen, so könnte mm nicht umbiu, eine ungenügende Einsicht in die Mittel und Ziele
einer solchen Bildung Seitens der Leitung und des Iehnkörpsrs anzunehmen.
Obschon man nun von dem Ergobniss eines ersten Lshrjsbrss nicht zu viel er-
warten darf, so wiizsn wir doch - sollte ein Urtheil über dmelhen abgegeben werden -
zu bekennen geuiithigt, dass in Bezug auf die Ausäihrung der vorliegenden Arbeiten nur
eins geringe Anzahl über die Mittelmäßigkeit hinausgehen und noch weniger irgendwie
hervorragende Eigenschaften bekunden Dies ist indess noch das geringere Bedenken;
das grössers liegt in dem Mangel an einem streng progressiven Gange des Unterrichts
und an der unverkennbaren, durchgehenden Tendenz, sogenannte ,schnello
Resultate" zu erzielen; daher man nur auf ein düchtiges „Bekanntwerden mit den
Formen" hissarbeitet, auf richtige, genaue und strenge Auflassung und Durchführung jedoch
keinen Werthrzu legen scheint.
Was das Resultat von einer solchen Anschauung und Betreibung des kunstgewerb-
liehen Unterrichtes sein muss und sein wird, welche Grundlage man für eine spätere
Ausbildung ohne gewissenhafte elementare Studien, ohne hinreichende beglei-
tende Unterweisung in den Hilfswissenschahen gewinnen kann, das dürfte eine nicht zu
lange Probezeit lehren; dem Einsichtigeu bleibt darüber kein Zweifel. Lässt sich denn
durch ein oberßäohlixiss-s Nachahmen die Form kennen lernen? Kann man sich ohne ein
förmlichen Studiren der einfacheren Formen zu schwierigeren Aufgaben befähigen; kann
man sich ohnsdem Geschmack aneignen? Ist es möglich, durch irgend welche „D8mpl3
methode" die „Scbuellreife" des Schülers zu fördern? Gewiss nicht. Man mag - wir
wollen das zugeben - den Schüler dadurch eher zu einer gewissen „productiven" Stufe,
zu einem sogenannten "Behelfe" bringen, aber gediegene Resultate für den End-
zweck - für die Hebung unserer Kuustgevrerbe - können daraus nicht
hervorgehen. Es erinnert uns das an einen Lehrer, von dem uns einst gesagt wurde,
,er wusste den Schülern in kurzer Zeit etwas beizubringen, was nach was aussah, was
etwas hermnchte." Möchten die Unten-ichtssrgebnisse des Verfahrens in Berlin nicht
schließlich denen jenes Lehrers gleichen. Es wäre dies wahrbakig sehr zu bedauern
und es könnte die; jetzt, wo man in Allem mehr als je nach jener Richtung blickt, den
jungen Bestrebungen in Deutschland Eir kunstgcvrsrblichen Unterricht und Hebung der
Xuhitgiswerbs nur zum Schaden gereichen, oder es könnte wohl gar das ganze Unter-
nehmen dort ein glsichesßekicksdl mit der Berliner Dsssinateurschuls haben. die im Jahre
1856 errichtet wurde, jedoch schon um 1'864 wieder aufgehoben werden musste.
Das luterssss des Publicums an der Ausstellung erschien uns nach den Beobach-
tungen eines mehrmaligen Besuches derselben leider als sehr gering.
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