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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1870 / 53)

auch innerhalb der eigenen vier Wände zu befolgen, so weit die Mittel 
es gestatten, so ist es für die Befestigung eines geläuterten Geschmackes 
von der höchsten Wichtigkeit, dass die Jugend schon unter dem Ein- 
iiusse desselben aufwachse, dass sie wo möglich so wenig eine unhar- 
monische Farbenzusammenstellung oder ein geschmackloses Geräth zu 
sehen, wie ein unreines Wort zu hören bekomme, dass das Stylgefühl 
zur andern Natur werde, wie das Gefühl für das Schickliche. In einer 
solchen häuslichen ästhetischen Erziehung erkennen wir den einzigen 
rechten Schutz gegen aberinalige Verwilderung. 
Und doch ist es nicht einmal nothwendig, sich auf diesen Stand-I 
punkt zu stellen, um die Bedeutung des Wohnungsschmuckes zu erkennen. 
„Unser Haus oder allgemeiner gesagt, unsere Wohnung ist gewöhnlich 
die einzige kleine Welt, in welcher wir Herr und Gebieter sind, wenn 
auch leider selten ohne eine starke constitutionells Beschränkung. Sollte 
es darum nicht unsere Freude, ja unsere Ptlicht sein, auch als Herr und 
Schöpfer in diesem Mikrokosmus, der unser ist, zu walten, seiner Ver- 
schönerung, seiner Ausstattung unsere Liebe und Sorgfalt zuzuwenden 
und ihn gewissermassen zu einem Tempel der Familie zu schmücken? 
Und diese Liebesmühe würde keine verlorene sein. Das Gefibl der 
Zufriedenheit, der Behaglichkeit in unseren vier Wänden würde uns 
reiche Belohnung gewähren. Und doch müssen wir nur zu häufig 
sehen, dass der Schmuck der Wohnung als etwas gleichgiltiges erachtet 
wird, dass man sich des eigenen Willens und des eigenen Urtheils ent- 
äussert und sich dem Decorateuroder Tapezier auf Gnade und Ungnade 
ergibt. Andererseits folgt man gedankenlos einer schlechten Mode oder 
verschwendet aus Unkenntniss bedeutende Mittel, um ein unbefriedigendes, 
ja abstossendes Resultat zu erzielen." 
Mit den hier citirten Worten leitete Custos Falke seine vier Vor- 
lesungen über Verzierung und Ausstattung der Wohnung ein. Der Ver- 
suchung, den Gegenstand historisch zu betrachten, ging er, so gross 
dieselbe sein mochte, aus dem Wege. da die ästhetisch-kritische Behand- 
lung des Thema's ohnehin die ihm verstattete Zeit reichlich in Anspruch 
nahm. Ohne Gesetze von allgemeiner unbedingter Geltung aufstellen zu 
wollen, da die Unterschiede im Klima, in den Lebensbedingungen von 
Stadt und Land, Grossstadt und Kleinstadt, in Standes- und Vermögens- 
verhältnissen, in Charakter und Gewohnheiten des Individuums stets einen 
wesentlich bestimmenden Einfluss auf Anlage, Einrichtung und Schmuck 
der Wohnung haben werden und haben müssen, - suchte der Redner 
die allgemeinen Bedingungen zu gewinnen, welche an den Grundbestand- 
theilen einer jeden Behausung, an Wand, Decke und Fussboden, und an 
dem überall unentbehrlichen Mobiliar hatten. Wo er auf Specielles ein- 
gehen musste, hielt er sich vorzugsweise die bürgerliche Wohnung vor 
Augen, wie sie dem Leben und dem Bedürfnisse der gebildeten Kreise
	        
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