um die Wende des XIII. und höchstwahrscheinlich selbst noch bis in die
Hälfte des XV. Jahrhunderts die platten und gesponnenen Goldfaden
gleich den berühmten ägyptischen Stoffen in alle Weltgegenden, selbst zu
den Mogolen, als Waare versendet worden sein. Gibt uns doch davon auch
die Thatsache Zeugniss, dass im Jahre 1323, als die Gesandtschaft des
mogolischen Sultans Abü Sa'id Chän dem Mamlüken-Sultän Näsir-ed-din
Muhammed mannigfache Erzeugnisse der Kunstindustrie ihres Landes als
Geschenke zu Füssen legte, sich darunter nach der Aussage des anwe-
senden Abü-l-feda auch drei mit „ägyptischem Golda" gestickte Sättel
befunden haben.
Ein unerwartetes Licht wirft aber das „ägyptische Gold" der
orientalischen Quellen auf den von den nccidentalischen Schritt-
stellern des spiitern Mittelalters zur Bezeichnung unserer Goldfaden ge-
brauchten, aber bisher noch nicht sicher erklärten Ausdruck: „Aurum
Cfypreum" (cyprisches Gold).
Bock (1. c. I. 50 Anm.) hat desshalb schon scharfsinnig vermuthet,
dass diese Benennung wohl mehr die orientalische Herkunft der Gold-
faden, als ihre Anfertigung auf der Insel Cypern anzudeuten scheine.
Diese Vermuthung wird sofort zur Gewissheit, wenn man den obigen
Resultaten gegenüber auch noch die politische und commercielle Stellung
Cyperns im XV. Jahrhundert und die geographische Position dieser Insel
sich gegenwärtig hält.
Bekanntlich war Cypern nach der Gefangennehmung des Königs
Janus (1398 - 1432) durch die Mamlüken in die Abhängigkeit von
Aegypten gerathen. Diese war so vollständig, dass die Einkünfte der
Insel für den Unterhalt der beiden heiligen Stätten des Islam, Mekka
und Medina, abgeliefert wurden und König Jacob als steuerpflichtiger
Vasall in Kairo dem Mamlüken-Sultßn den Eid der Treue schwören
musste.
InFolge dieser politischen Verbindung C yperns mit Aegypten
geschah es denn, dass die vielbesuchten gewerbreichen Handelsplätze der
Insel nicht minder als Alexandrien selbst für „die Staffeln des Mor-
genlandes" (Scale di leuante) galten, woher Europa durch Vermittlung
der angesiedelten Genueser und Venetianer Kaufleute die berühmten
ägyptischen Seidenstoife, das Material der Seide zum Sticken, namentlich
aber, wie Bock (I. 209) nachgewiesen, Goldgespinnste und orientalische
Goldfäden in grossen Mengen zu beziehen pflegte. Nach dieser Darlegung
bedarfder Causalnexus des cyprischen „Goldes" mit dem ägyptischen
wohl keines weitem Nachweises ').
') Um ein sehr umheliegendea Analogon anzufihren, haiut der arabische Kaffee
levnutiucher Kaffee, weil er vorxuguweiue über clieHäfen der levantiuchonKiiaten
bezogen wird.