Vasen im Allgemeinen und deren Decoration mich mit meinen Lesern zu
unterhalten, so glaube ich, dass eine solche kurze und blos übersichtliche
Darstellung, wie sie eben der Raum dieser Blätter zulässt, doch.schliess-
lich dem bessern Verständniss unserer in Rede stehenden Emailen zu
Gute kommen wird.
Das Verfertigen von Vasen und deren Gebrauch zu Cultus- und
privaten Zwecken scheint schon von allerfrühester Zeit her in China geübt
worden zu sein. und wie die Anfänge aller Kunst überhaupt, so verliert
sich auch der Ursprung dieses Zweiges in mythisches Dunkel. Jeden-
falls haben wir uns unter den aus den Urzeiten erhaltenen oder ihnen zu!
geschriebenen Vasen stets Metallvasen zu denken. Im Tchun-tsieu des
Confutius heisst es da, wo sich der König Tsun-hoan über den Ursprung
der Vasen und anderer Kunstwerke erkundigte: „Als der Stifter der
Dynastie Hie. in den Besitz des Kaiserreiches gelangte, sendete er Per-
sonen nach allen Richtungen des Reiches aus, um seltene und merkwür-
dige Dinge zu sammeln. Aus einem Goldbarren, den er vom Prinzen
Kien-mou zum Geschenke erhalten hatte, liess er Vasen formen, die unbe-
kannten Geistern gewidmet waren. Die Fürsten der Dynastie Shang
liessen diese Vasen nachahmen, sowie die der Dynastie Tcheu die der
Shang." Eine andere Quelle sagt, dass der schon erwähnte Stider der
Hin-Dynastie, Yu, der 2200 Jahre vor Christo gelebt haben müsste, neun
Vasen giessen liess, auf denen sich die Beschreibung der neun chinesischen
Provinzen befand. Seit den Zeiten des „grossen Yu" wurde diese Sitte
beibehalten. Diese Vasen von der Form „Ting", nämlich ein bauchiges
Geräthe mit drei Füssen, bildeten eine Art Reichspalladium, und ein
Kaiser betrachtete seine Legitimität nicht als gesichert, der sie nicht in
seinem Besitze hatte. So wird berichtet, dass selbst der Tyrann und
„BücherverbrenneW Thsin-chi-Hoang-ti (246 v. Chr.), der alle Andenken
an die vorhergehenden drei Dynastien und an die früheren Zeiten zer-
störte, doch die eifrigsten Anstrengungen machte, um sich in den Besitz
der Ting's zu setzen, die der letzte Prinz der vorhergehenden Dynastie
Tscheu in einen Fluss werfen liess, um sie zu verbergen. Das Beispiel des
Yu wurde von der berühmten Kaiserin Tse-tien-Hoag-heu (687 n. Ohr.)
nachgeahmt, die ebenfalls neun Ting's zu verfertigen befahl, auf deren
jedem sich die Art des Trihutes etc. einer jeden Provinz befand").
") Ein archäologisches Werk, Po-ku-tu, bestehend aus 16 grossen Bänden mit
mehr als 1200 Abbildungen alter Vasen, die der Verfasser zumeist den Zeiten der Shnng-
Dynastie (1743-1493 vor Chr.) zuschreibt, enthält werthvolle Aufschlüsse über verschie-
dene Fonnen und Arten der Vasen, und ebenso eine vom Kaiser Kien-lung (1773-1796
unserer Aerß) veranlasste grossartige Publicaticu der in den kaiserlichen Palästen befind-
liehen Alterthiimer. Letztere fiihrt den Titel Si-thing-ku-kien, d. h. „Alterthümer von
westlicher Reinheit" (weil die darin beschriebenen Gegenstände meistens aus den west-
lichen Provinzen China's kamen), und bringt in 42 Folioblinden beinahe alle Objecte ü!