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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1871 / 71)

. Die erste Ahtheilnng, vortrefflich geschrieben, gibt eine vollständige Einsicht in das 
Leben und Wirken Correggids. Nicht alle Leser werden die oft überschwängliche Be. 
wunderung des Verfassers für den Künstler theilen, aber alle werden anerkennen, dass 
ersterer das unhistorische Beiwsrk in der Biographie Correggicfs mit sachgemässer, histo- 
rischer Kritik beseitigt, dunkle Parthien beleuchtet hat. 
Die zweite Abtbeilnng ist eine ganz vorzügliche Arbeit, die allen Kunstfreunden, 
allen Sammlern höchst willkommen sein wird. Sie wird allen jenen, die sich mit Darstel- 
lungen lihnlicher Art beschäftigen, auch durch die Methode in der Behandlung als Vor- 
bild vorschweben müssen; denn für viele Kreise von Knnstfreunden sind Malerbiographien, 
denen eine kritische Behandlung der Werke des Meisters fehlt, von geringerem Werthe. 
Jul. Meyer's „Correggio" ist eine der besten Fachscbriftcn, die seit langer Zeit am 
deutschen Büchermsrkte erschienen sind. 
Wocel, J. E., Welislavfs Bildcrbibel aus dem 13. Jahrhundert in der Bihlic. 
thek Sr. DurchL des Fürsten G. Lohkowivz in Prag. Mit 30 Bildertafeln. Prag, 1871. 
(n. K. 3140.) 
Die im vorliegenden Hefte sorgfältig besprochene Miuiaturenbibel nimmt als Kunst- 
werk einen nur wenig geringeren Platz als das schöne Passional der Aebtissin Knnigunde 
von 1312 ein. Sie gehört dem Uebergange zur gothischen Stylweise an und ist ein merk- 
würdiges Mittelglied in der Entwickelung der böhrn. Kunst. Die Malereien haben wohl 
wenig Schönheit und Geschmack, dafür aber spricht sich in Composition, Zeichnung und 
vielerlei Nebenwerk eine sehr interessante Originalität der Aufiassung aus, die von der ge- 
wöhnlichen Typologischen bedeutend abweicht. Die zahlreichen Costüme, Gefiisse und Ge- 
räthschshem bieten_ gute Beispiels und Beiträge zur Kenntniss des allgemeinen Cultur- 
lebens jener Tage. 
Deutsche Ilßllnisiallcn. Eine Sammlung von Gegenständen der Architektur, Decoration 
und Kunstgewerbe in Originalaufnshmen. l. Abth.: Nürnberg, autographirt und herausg. 
von A. Ortwein. Leipzig, Seemann, 1871. (B. K. 3170.) 
Die deutsche Renaissance, noch viel zu wenig durch Reproductionen und Speeisl- 
werke nutzbsrgemacht und gewürdigt, wie der Herausgeber im Prospecte mit Recht he- 
merkt, ist der unendlich werthvolle Beweis für die künstlerische Befähigung und Bestim- 
mung und deren stete Regsamkeit im deutschen Volke. Nachdem sein schsffender Geist 
den ursprünglich fremden Romanismus, die ihm aus der Ferne überlieferte Gothik mit 
eigener Conceptions- und Bildungskraft zu seinem künstlerischen Eigenthum umzugestslten 
verstanden hatte, blieb ihm trotz der Ungunst der Zeitverhliltnisss noch Schöpferkrsft ge- 
nug, auch der ihm unter den Dreien bei weitem entlegensten italienischen Kunst des I5. 
und 16. Jahrh. seinen eigenen Charakter aufzndrücken, so dass es mit Fug und Recht 
auch auf diesem Gebiete von seiner Renaissance sprechen kann, wie es einen eigen- 
thürnlich deutschen Styl des Mittelalters gegeben hat. Die hohen Vorzüge dieser deutschen 
Renaissance bestehen hauptsächlich darin, dass sie sich erstens an die gegebenen Ver- 
hlltnisse anzuscbliessen wusste, die veränderten geographischen, klimatischen und natio- 
nalen Umstände wohl berücksichtigte und mit Bedachtgahme auf diese Bedingungen aller 
Kunst dasjenige, was ihr der anders beschaßene Süden darbot, umzugestslten verstand; 
zweitens, dass bei dieser Metamorphose doch zugleich auch den neuen Schöpfungen der 
Stempel echter, frcisr Kunst aufgedrückt wurde und kein berechnet gequiiltes Fabricat 
zu Stande kam, endlich aber darin, dass mit der eben begrubenen gothischen Vergangen- 
heit nicht jlih gebrochen wurde, sondern ein feiner Uebergang möglich wurde. Mit diesen 
Worten ist zugleich gesagt, dass unseren heutigen Architekten und Knnsthandwerkern die 
eifrige und liebevolle Beschäftigung mit dieser Kunst des Dürer, Holbein, Urssgraf, Alde- 
grever, Virgil Solis und Jost Amman dringend zu empfehlen sein muss, denn die Bedürf- 
nisse des Landes, der Lebensweise und des Klimas sind noch vielfach dieselben, wie irn 
16. Jahrh., vielfach noch von der Art, dass die heutzutage ewig wiedergekiiute Florentiner 
und römische Renaissance ihnen nicht genügen; hier aber liegt abermals das Gute so nahel 
Die Arbeit des Prof. Ortwein verpflichtet uns in hohem Grade zum Danke, sie fihrt 
prachtvolle Muster von deutscher Kunst dieser Zeit, architektonische Details, Interieurs, 
Möbel, Gefiisse u. n. vor. Namentlich möchten wir auf den stattlichen, reichdecorirten 
Ofen aufmerksam machen, der für unsere nordischen Zimmer ebenso geeignet erscheint, 
als die modernen Camine für dieselben {unpassend sind. - Die Zeichnungen zeigen von 
viel Verstündniss und Sinn für den Styl jener Periode, der Text gibt in kurzen Umrissen 
alles Nöthige über die dargestellten Objectc. Dern Werke ist alles Gedeihen zu wünschen, 
de seine Einwirkung auf die moderne Decoration die besten Erfolge haben kann.
	        
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