Zeichner.
Künstler wirken in verschiedener Art anregend und fördernd auf
die Kunstgewerbe ein; grosse Künstler theils durch ihre Arbeiten und die
Anregungen, die durch ihre Leistungen und die von diesen vertretenen
Kunstrichtungen ausgehen, tbeils dadurch, dass sie selbst einige kunst-
gewerbliche Werke schaffen.
In ersterer Richtung war der Einiluss der Künstler immer ein grosser
und der Natur der Dinge nach vollkommen berechtigter; in letzterer Be-
ziehung war ihr Wirken nur dann von Erfolg begleitet, wenn sie selbst
eine klare Einsicht in die Bedingungen eines kunstgewerblichen Produotes
gehabt, sie selbst nicht von falschen Anschauungen beherrscht waren.
Dass dies selbst bei Künstlern ersten Ranges nicht immer der Fall wer,
zeigen manche kunstgewerbliche Versuche Moriz v. Schwind's, eines
Künstlers, dem gewiss Niemand eine eminente Bedeutung auf dem Gebiete
der zeichnenden Künste absprechen wird.
Dieser von Künstlern pur excellence ausgehende Einfluss -- sei der-
selbe nun ein permanenter, oder nur ein, so zu sagen, stossweise erfol-
gender - reicht aber nicht aus, um der modernen Industrie zu genügen.
Wie diese eben so sehr auf Befriedigung der Anforderungen Einzelner,
als auch auf Befriedigung von Massenbedürfnissen gerichtet ist, so muss
sie auch eine grosse Anzahl gut geschulter Zeichner und auch solcher
Zeichner zur Verfügung haben, welche im Stande sind, sowohl auf be-
stimmte Anfordernngen des Stiles, als auch auf das Technische der ein-
zelnen F abricationszweige einzugehen. Die Zeichnungen müssen nicht blos
an und für sich schön, sondern sie müssen auch ausführbar sein; für den
Fabrikanten, den Grossindustriellen ist jene Zeichnung die beste, welche
Schönheit mit Ausführbarkeit verbindet. Soll irgend ein Febrications-
zweig in Schwung kommen, einen erhöhten Absatz durch eine stilgerech-
tere Zeichnung, eine gelungene Farbenzusammenstellung erreichen, so
muss eine genügende Zahl fachmännisch und tüchtig gebildeter Zeichner
vorhanden sein. Diese fehlten der gesammten deutschen Industrie nicht
minder als der österreichischen, und fehlen theilweise noch bis auf den
heutigen Tag
Man half sich entweder dadurch, dass man illustrirte Zeitungen und
Kataloge ausbeutete, wie die Stuttgarter vGewerbehalleu, die Münchener
nKunstgewerbliche Zeitungu, die wUArt pour toutu, die illustrirten Brock-
haus'schen Weltausstellungskataloge oder andere, mit Zeichnungen ver-
sehene Special-Publicationen - man half sich in der Regel in einer nicht
sehr glücklichen Art. Denn auch das Uebertragen oder Bearbeiten einer
schon vorhandenen Zeichnung setzt ein gewisses künstlerisches Verständ-
rniss voraus. In dieser Benützung von artistischen Publicationen kam den
Bedürfnissen jener Industriellen, denen es entweder an Geld oder gutem