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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1872 / 78)

Uebersicht geben wollen. Den ersten Rang darunter behauptet die merk- 
würdige überlebensgrosse Statue eines bekränzten, spitzbärtigen Mannes, 
von sehr alterthümlichem einfachen Styl, sorgfältiger Ausführung und 
tretflicher Erhaltung, - nur der untere Theil der Flisse fehlt. Es mag 
die Bildsäule eines Priesters sein oder auch einer Person, welche Gelübde 
löst. ln Cypern, woher auch diese Statue kam, fand man in Tempel- 
ruinen, wie in jenen von Dali, nicht blos eine ähnliche, die jüngst in der 
"Revue archeologiquea abgebildet erschien, sondern auch die Bruchstücke 
von noch mehreren gleichartigen, welche, nach den noch vorhandenen 
Postamenten zu schliessen, reihenweise im Heiligthum aufgestellt waren. 
Das neuerworbene Bildwerk ist nicht blos ein hochinteressantes Beispiel 
uralter Tempelsculptur, sondern auch für die Geschichte der griechischen 
Plastik in den vom Mutterlande entfernten Colonien überaus wichtig, 
indem es im Vergleich mit eigentlich altgriechischen Sculpturen neuer- 
dings den grossen Einiiuss darlegt, welchen Vorderasien auf ihre Ent- 
wicklung ausübte. ' 
Zunächst muss ein Venus-Kopf griechischer Arbeit aus der Epoche 
des freien schönen Styles hervorgehoben werden, der in vorzüglicher, 
feinempfundener Modellirung die von Anmuth und Liebe leuchtenden 
Züge der Göttin wiedergibt. Einen Gegensatz zu ihm bildet der aus 
Durazzo erworbene Portraitkopf einer alternden, halb mürrisch darein- 
sehenden Frau voll frappanter Naturwahrheit. Der Arbeit und der Art 
des Haarputzes nach gehört dieses Sculpturwerk der Mitte des dritten 
Jahrhunderts n. Chr. an. Es zeigt, dass sich damals die Kunst, wenig- 
stens die Kunst der Portraitbildnerei, noch immer auf einer achtbaren 
Höhe zu erhalten wusste, - freilich ging es aber von da an rasch genug 
abwärts. Ein anderer kleinerer Portraitkopf in Drittellebensgrösse zeigt 
die regelmässig schönen, aber finsteren und unheimlichen Züge des Kai- 
sers Nero. Ein idealer Frauenkopf (Hera? Tyche?) lässt - eine seltene 
Erscheinung -- im leicht geöffneten Munde die obere Reihe der Zähne 
sehen. Unter anderen Erwerbungen dieser Abtheilung ist noch ein Relief 
der Verfallzeit zu nennen; es ist das Fragment eines Sarkophages nnal 
bildet durch seinen Gegenstand - den Kampf der Griechen mit den 
Amazonen - ein Seitenstück zu dem berühmten, freilich der glücklich- 
sten griechischen Kunstzeit angehörigen Amazonen-Sarkophage der k. k. 
Sammlung. Wir finden ähnliche traditionelle Motive der Anordnung, 
hier aber in schon roher und handwerksmässiger Ausführung. Die Arbeit 
blieb unvollendet und lässt die Punktsetzung noch erkennen, sie bietet 
daher auch ein technisches Interesse. 
Diese und noch andere weniger wichtige Sculpturen kamen (mit 
Ausnahme der Portraitköpfe) aus Kleinasien, - von dort und zwar aus 
Erythraea stammt auch eine Stelle mit einer griechischen Inschrift in 55 
Zeilen von trefflicher Erhaltung; sie bringt einen, wie wir vermuthen, 
von den Mytileuäern gefassten Volksbeschluss zur öffentlichen Kenntniss:
	        
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