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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1872 / 85)

Immcr aber wurde darauf geachtet, daß die beiden Bereiche - 
historische Atmosphäre und neue, zweckentsprechende techni- 
sche Form - sich nicht überschneiden, sich nicht im gleichen 
Raum begegnen. Das hiittc unweigerlich zu Dissonanzen geführt, 
die so geschickt vermieden wurden. 
Auch in Österreich hat man bereits mit Erfolg ähnliche Ver- 
suche unternommen, Burgen und Schlösser als Hotels zu adap- 
tiercn: Die Schlösser liusehl, Ittcr und Kaps bei Kitzbühel sowie 
Mittersill wären da unter anderen zu nennen. 
Als Beispiel sei hier die Burg Bernstein im Burgenland ein- 
gehender beschrieben, die seit 1952 von ihrem Besitzer teilweise 
zu einem Hotel umgestaltet wurde. Vergleicht man nun dieses 
Schloß-Hotel mit den Paradores, so ist da wie dort das Grund- 
prinzip das gleiche. Ein im Verlauf vieler Jahrhunderte organisch 
gewachsener architektonischer Bestand wurde unter strenger 
Wahrung seines Zustandes den neuen Anforderungen angepaßt. 
Und dies ausschließlich nur im Inneren, zur besseren Verwend- 
barkeit der Räume. - Der wesentliche Unterschied zwischen 
dem Hotel Burg Bernstein und den spanischen Hotels ist jedoch, 
daß die letzteren „Betriebe" einer staatlichen Organisation sind, 
wiihrend in Bernstein die private Initiative und Planung den Aus- 
schlag geben und dem ganzen „Hotel" eine durchaus persönliche 
Note verleihen. 
Dazu kommt die architektonische Einfachheit des Bauwerks, das 
im Lauf der Zeit den veränderten Bedürfnissen, besonders dem 
wachsenden Verlangen nach Bequemlichkeit und Wciträumig- 
keit angepaßt wurde. Vor allem das Zeitalter des Barock hat 
den Charakter der Burg in den eines schlichten, aber angenehm 
bewohnbaren Schlosses umgewandelt. Nur die Lage auf bewal- 
deter Höhe, die umliegende Landschaft bchcrrschend, sowie die 
mächtigen Bastionen, Torhauten und Brücken zeugen von der 
einstmals strategischen Wichtigkeit dieser Grenzburg. Aber die 
Walle sind längst zu gepflegten Gartenanlagen und die Vor- 
werke zu freundlichen Wohnungen umgestaltet worden. Das 
Hochsehloß zeigt in dem unregelmäßigen Verlauf seiner Mauer- 
 
Abb. 4 Als Auhmhallsrlum luxgllllllnllr Gang im Hoshl a. In: 02.," 
CIÜOIICDS m S-nmgn d. Composlolll 
züge noch den Kern der Burganlage, die sich nach der Beschaf- 
fenheit des gewachsenen lielsens zu richten hatte (Abb.7). Die 
unsymmetrischen Flügel umschließen einen reizvollen Hof, den 
man durch einen Torbogen und eine hohe Einfahrt betritt. Es 
bestätigt sich hier die so oft gemachte Beobachtung, daß es den 
früheren Zeiten scheinbar leichter gegeben war, auch mit ein- 
fachen Mitteln völlig befriedigende, ja wohltuende Lösungen zu 
finden: Weil sie bei aller Schlichtheit doch ganz und gar auf 
den jeweiligen Bewohner abgestimmt waren, ganz allgemein auf 
den Menschen, sein Maß und seine Eigenart Rücksicht nahmen. 
Das Prinzip der persönlichen Note und der Originalität kommt 
besonders in den Zimmern des „Hotel-Traktes" zur Geltung. 
Ihre Einrichtung will die Atmosphäre des Zu-Gast-seins in einem 
Privathaus aufrechterhalten. Kaum ein Möbelstück, Bild oder 
Gegenstand in diesen Zimmern, der nicht im Laufe von Gene- 
rationen dem Organismus dieses Hauswesens angewachsen wäre 
und nun dem Ankömmling von der Kultur und Geschichte, von 
Erlebnissen und Schicksalen seiner Bewohner berichtet. Möbel 
aus dem Barock, Empire und Biedermeier, und diesmal keine 
Stilkopien, sondern originale Stücke, denen man die Entstehung 
aus dem echten damaligen Lebensgefühl anmerkt und deren mit 
Bchagen gemessene gute Dienste man ihnen glaubt, alte Fami- 
lienbilder und Stiche vervollständigen den Eindruck des Privaten. 
Tritt man dann an eines der Fenster, deren Nischen an manchen 
Stellen der zwei Meter starken Burgmauer wie Erker zum Cenuß 
der Aussicht einladen, so geht der Blick über die wogenden 
Baumkronen des Abhangs, über Täler, Siedlungen und Hügel 
nach Westen hin an klaren Tagen bis zum fernen Kamm der 
Karawanken und gegen Osten in die dunstigc Weite der unga- 
rischen Ebene. 
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