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eentrischen Streifen. gleichsam dem rotirenden Zuge der Töpferscheibe
folgend, um die Rundung des Gefässes. Aber der Kreis der schmückenden
Motive ist bedeutend erweitert. Zu den geometrischen Mustern, Rauten,
Kreisen gesellt sich die Rosette, gesellen sich lanzettförmige Blätter und
andere, in orientalischer Weise stylisirte Plianzenbildungen; die Thiere
treten nicht mehr vereinzelt und in dlirftiger Andeutung auf, sondern Pferde,
Hunde, Hirsche, Widder, Schwäne. Hähne, Panther, Löwen und die phan-
tastischen Gestalten der Sirenen, Greife u. s. w. ziehen in dichtgedrängten
Reihen an uns vorüberfauch der Mensch, und zwar sowohl in Darstel-
lungen aus dem Leben, in Jagden, Kriegszügen u. dgl., als auch in Zu-
samrnensetzung mit Schlangenleibern u. s. w. und als Träger heroischer
und göttlicher Namen aus dem hellenischen Sagenkreise tritt in den Bilder-
vorrath der Vasenmaler ein; und endlich gesellt sich dazu, als sicherstes
Kennzeichen der inzwischen vorgegangenen mächtigen Umwälzung, die
Schrift, bestehend in Zeichen des ältesten griechischen bekanntlich aus
Phönizien herlibergekommenen Alphabets, mit welchen die Namen oder
auch wohl der Stand der dargestellten Figuren bezeichnet werden.
Hier stossen wir also schon auf eine Gattung von Erzeugnissen,
welche sich von der rohen uniformen Masse der Urzeit in ganz bestimmter
Weise abhebt, und durch die Hervortretung ausgeprägter hellenischer
Eigenthümlichkeiten, namentlich durch die hellenische Göttersage und
Schrift, die allmählige Ueberwindung des orientalischen Styls ankündigt.
Das Ringen mit dem Einfluss des Orients dauert dann noch eine Weile
fort. Aber nachdem Hellas politisch consolidirt, der Handel den Phöniziern
entrissen, eine nationale Literatur entwickelt, die Grundlage zu einem
hellenischen Baustyl gelegt, die Fessel der bildenden Kunst gelöst war,
da konnte auch das Handwerk nicht mehr lange auf seine völlige Eman-
cipation warten.
Die erste und für alle Folgezeit wichtigste That, welche das eman-
cipirte hellenische Handwerk und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach bereits
vor Beginn des SJahrl-iunderts vor Christo auf dem Gebiete der Gefäss-
bildnerei vollbracht hat, ist die Feststellung typischer Formen für alle
vom damaligen Bedürfniss geforderten Gattungen der Gefässe. Mit den
einfachen Urnen, breitgedrlickten Krligen, bauchigen Flaschen und Hachen
Tellern begnügt man sich nicht mehr, das verfeinerte Bedürfniss drängt
auf mannigfaltigere und edlere Gestaltung hin und jedem Wink des Be-
dlirfnisses kommt die Kunst entgegen. Es entstehen diese schönen drei-
henkligen Wasserkrüge, zweihenkligen Amphoren, diese flachen schalen-
förmigen Becher, die so gefällig zum Trinken einladen; später kommen
die Mischkrüge, die schlanken Flaschen und dlerhand zierliches Putz-
geschirr dazu; Anfangs ist das Alles noch etwas schwer, kräftig, wenn
auch niemals plump. Die Uebergänge vom Convexen in das Concave
sind noch unvermittelt (Semp. Stil Il, x43); doch das Ganze hat immer
Schwung und Elasticität. Dann aber erreichen die Formen die höchste
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