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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1873 / 88)

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Umgebung der Meisterwerke Italiens ihre Arbeiten "vervollständigen. 
im Jahre 1684 entschied eine Verordnung, dass diejenigen Eleven der 
Akademie der schönen Künste; welche mit dem grossen Preise belohnt 
worden waren, mittelst Pension des Königs nach Italien geschickt werden 
sollten. Später dehnte man diese" Bestimmung auch auf die mit den 
Preisen für Malerei und Bildhauerei gekrönten, dann' auch auf jene, 
welche sie auf dem Architekturgebiete erhalten hatten, aus; 1804 wurde 
auch die Gravirung en taille douce, 1805 jene von Medaillen und'edlen 
Steinen und 1816 die historische Landschaftsmalerei dazu mit einbegriffen, 
von der letzteren aber zu diesen Zwecken 1863 wieder Abgang genommen. 
Trotz aller politischen und. socialen Umsturzbewegungen, die Frank- 
reich seit der Gründung der Akademie in Rom beunruhigten, wusste das 
Institut dennoch den Principien seiner ursprünglichen Richtung der Haupt- 
sache nach treu zu bleiben. Seine Stätte ist die berühmte Stadt Hespe- 
riens fortan geblieben, -doch musste es 1700 in die Nähe des Palastes 
Doria, 1803 in die Villa Medicis wandern. Sein Grundsatz: die Kunst 
durch Benutzung der reinsten und erhabensten Quellen zu fördern, ist 
auch heute noch in voller -Kraft und Geltung. Heutzutage haben alle 
jungen Künstler Frankreichs von 15 bis 30 Jahren, gleichviel, ob Zöglinge 
der Ecole des beaux-arts oder nicht, das Recht, sich an dem Concurse 
der Preisbewerbung für Rom zu betheiligen. Nach zwei vorläuhgen Proben 
werden in jeder Section zehn Candidaten zugelassen. Solche für Archi- 
tektur, Sculptur und Malerei alljährlich, für gravure en taille-douce alle 
zwei Jahre, für Medaillen- und Steinschneiderei alle drei Jahre. ln jeder 
Section wird nur Ein Preis ertheilt. Die damit Ausgezeichneten geniessen 
die Reisepension durch vier Jahre, mit Ausnahme der Graveure, denen 
dieselbe für drei Jahre zugestanden ist. Jeder dieser Stipenclisten hat 
zwei Jahre in Rom seine Studien zu machen, der Rest der Zeit kann 
nach eigenem Belieben an verschiedenen Orten in zweckdienlicher Weise 
zugebracht werden. Die Copien, Studien und Compositionen müssen all- 
jährlich nach Paris geschickt werden. Jeder der Künstler hat ein eigenes 
Atelier, ausserdem sind grosse gemeinschaftliche Säle zum Zeichnen nach 
dem Modelle und zum Formen. in Gyps nach der Antike erölfnet, welche 
auch anderen Künstlern aller Nationalitäten zur Verfügung stehen. 
Der erste Director der Academie de France in Rom war Erard, 
der folgende Noel Coypel, dessen reiches Talent in den Decorationen 
des L-ouvre, der Tuilerien, im Schlosse Fontainebleau so viel Vorzügliches 
zu schaffen Gelegenheit fand. Nach ihm ist Natoire zu erwähnen, wel- 
cher in der Mitte des 18. Jahrhunderts durch seinen religiösen Zelotismus 
in der Leitung des Institutes eine eigenthümliche Berühmtheit errang. 
Einst schloss er einen Schüler wegen Verabsäumung gottesdienstlicher 
Verrichtungen von der Anstalt aus; dieser zettelte eine Action gegen den 
frommen Vorstand an, bis schliesslich der letztere zur Zahlung von 
20.000 Francs Schadenersatz sammt den Interessen verurtheilt wurde.
	        
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