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und dessen Verwerthung für die große Kunst in so hohem Grade verdient gemacht,
wie nur noch, auf anderem Stoifgebiete, ein Ludwig Richter neben ihm. E. Ch.
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Lienhard Flexel's Lobspruch des fürstlichen Freischießens zu Innsbruck
im October 1569. Herausgegeben und eingeleitet von Aug. Edelmann.
Innsbruck, Wagner, 1885. 8".
Lienhard Flexel's Lobspruch des fürstlichen Freischießens zu lnnsbruck vom
Jahre 1569 enthält in dem Originale der Hof- und Staatsbibliothek zu München 22 Folio-
blätter. Das eigentliche Lobgedicht und das darauffolgende Loosverzeichniss sind gedruckt,
die Ueberschriften von Flcxefs Hand geschrieben; die Wappen, Fahnen, Figuren etc. sind
gefällig ausgeführte Handzeichnungen. Aug. Edelmann hat nun diese illuminirte Festchronik
zum ersten Male, leider nur in ihrem textlichen Theile vollständig, herausgegeben und
dem Buche eine Einleitung vorausgeschickt, in welcher er das Schutzenwesen in Tirol
unter Erzherzog Ferdinand II. und die hervorragendsten Festschießen des 16. Jahr-
hundertes bespricht, und weiters das Amt der sogen.. nPritschenmeister-i, der Herolde
und Sprecher auf diesen Festlichkeiten, erörtert. Die bekanntesten Pritscbenmeister im
15- Jahrhundert waren die Augsburger Lienhard und Valentin Flexel, denen wir eine
Reihe von Schilderungen glänzender Festlichkeiten verdanken, welche zumeist nur in
Hßndschriften uns erhalten sind. Auch das große lHCffCHSChießClll zu Wien im J. 1563
haben die Beiden beschrieben. Edelmann irrt übrigens mit seiner Vermuthung, dass
Lienhard und Valentin Flexel sich nur ein einziges Mal, und zwar für ihre Beschreibung
des lnnsbrucker Festes von 1569, der Buchdruckerkunst bedient hatten; nach den
Kamrneramtsrechnungen der Stadt Wien auf das Jahr 1563 überreichten die Beiden dem
Wiener Stadtrathe vzwei illuminierte haupt Buecher mit allen schönen liguren, Ianen und
wapenn nebst 45 Exemplaren ihrer bei Mich. Zimmermann in Wien gedruckten Be-
schreibung des Wiener Festschielßens und erhielten dafnr als Gegengeschenk 74 Thaler.
Lienhard war der Autor, sein Sohn Valentin der Illustrator dieser Beschreibungen. Als
Probe der Kunstfertigkeit des Letzteren enthält das vorliegende Buch die Abbildungen der
in die Tiroler Landesfarben gekleideten fürstlichen Trompeter und der beiden Pritschen-
meister. Diese farbigen Costumüguren und die Reproduction einer schönen Augsburger
Titelverzierung vom Jahre 1520 bilden den künstlerischen Schmuck des sehr hübsch
gedruckten Buches. u R-r.
Histoire de la tapisserie depuis le moyen-äge jusqu'a nos jours. Par
J. Guiffrey. Tours, Alfred Marne et lils, 1886. 8". 533 S.
Nun hat auch der zweite von den drei Herausgebern des Samruelwerkes über die
Kunst der Tapisserie, Müntz, GuilTrey und Pinchart, die Früchte seiner Arbeiten in
einem umfassenden Werke niedergelegt, das über die von ihm publicirten franzdsischen
Gobelins hinausgehend, das gesammte Gebiet dieses Zweiges der Textilkunst behandelt.
ln erster Linie will der Verf. mit dieser Publication eine nationale Pflicht erfüllen:
Frankreich sei die Wiege der Teppichweberei, wenigstens in Europa, und sei auch von
den ersten Anfangen bis auf die Gegenwart in unbestrittenem, fast einzigem Besitze der-
selben geblieben. Wenngleich es Niemandem zweifelhaft ist, dass diese Kunst gemäß ihrer
Bestimmung für glänzende Repräsentation dem französischen Nationalcharakter ganz
besonders zusagen musste, ließ sich die Beweisführung nicht ohne die Gewaltsamkeit
herstellen. die vlamischc Kunst einfach für französisch zu erklären, weil Flandern bis
zum Madrider Frieden zum französischen Königreiche gehort habe. Neben dieser natio-
nalen Einseitigkeit erfnllt aber das Buch in sehr willkommener Weise ein ganz anderes
Bedürfniss, nämlich dasjenige einer kritischen Bearbeitung des vorliegenden Stoffes. Das
Müntfsche Buch leidet fühlbar an einer Ueberhastung, die den Autor zu keinem kri-
tischen Ausreifen der leitenden ldeen gelangen ließ. Guiffrey weist dagegen die Schwie-
rigkeit der Deutuug und Beurtheilung jener Zeugnisse nach, die für die Existenz der
Gobelinweberei sprechen, zu Zeiten, aus denen wir keine wenigstens annähernd sicher
datirbaren Ueberreste besitzen; anstatt mit einer Fülle von ungenauen Angaben den
Leser zu verwirren, verzichtet er wohlmotivirter Weise auf eine Discussion der frag-
lichen Nachrichten und setzt erst mit dem 14. Jahth. ein, auch dann und in der Folge
den strengsten kritischen Maßstab im Auge behaltend, wie er denn dem 14. Jahrh. nur
zwei Stücke mit Sicherheit vindiciren zu dürfen glaubt, nämlich die Suite der Apokalypse
von Angera und jene in Privatbesitz befindliche Vorstellung im Tempel. Befremdlich
muss man es aber finden, dass Guilfrey offenbar die Grafschen Funde unbekannt geblieben
sind, trotzdem sie bereits anderthalb Jahre der Oelfentlichkeit angehören. _- Die Aus-
stattung ist in wurdigster Weise durch zahlreiche trefflich: Holzschnitte und vier Chromo-
lithographien aus der Anstalt von Lemercier hergestellt. Rgl.
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