Der Einfluss Etruriens war nicht von Dauer, sondern wurde von der griechischen
Baukunst verdrängt, die einerseits über Alexandrien in Verbindung mit dem orientalischen
Gewölbebau und der Backsteintechnik, andererseits direct durch die Einverleibung der
achaischen Provinz in den römischen Staatsorganismus nach Rom gelangte. Aber selbst
die griechischen Künstler llnderten die alten Formen nach den neuen Bedürfnissen und
Verhältnissen, den großen Dimensionen und Anlagen. dem grobkörnigen Materiale
u. s. f Der Vortragende kommt dann auf die Materialien für die innere Ausstattung,
zunächst den Marm er, über dessen Einführung die Mittheilungen des Plinius von Wich-
tigkeit sind, namentlich beweisen sie die orientalische Provenienz der Marmorverkleidung.
Am Pantheon lassen sich die verschiedenen Entwicklungsphasen der Marrnorverkleidung
noch erkennen, Mit den Wänden erhielten dann die Fußböden auch ihren reicheren
Schmuck, das Mosaik. Vom Fußboden ging dieser auf die Gewölbe über und ward dann
von Glas gemacht, so dass wir auch die Herkunft der musivischen Arbeiten in den
christlichen Kirchen aus den Römerbauten ableiten müssen. - Zum Schlusse schildert
der Vortragende noch die Anordnung der Raume, welche bei den Rümern, unter Ver-
meidung von vier glatten Wänden, mit häufiger Verwendung der Nischen belebt wurden.
Das Gewölbe ist überhaupt der Träger der römischen Raumentwickelung und auch der-
jenige Factor, der diesem Styl eine weitere Fortptianzung in der christlichen Kirche
sicherte. Das genaue Studium der römischen Antike aber verhalf den Meistern der Re-
naissance zur Conception und zum Baue von St. Peter.
Literatur - Bericht.
Les arts industriels a Venise au moyen-äge et a la renaissance, notes
par G. M. Urbani de Ghelthof. Traduction de Alf. Cruvelliö.
Venise, Usiglio rSt Diena, 1885. 8". VI und 299 Seiten.
Eine Geschichte der Kunstindustrie Venedigs zu schreiben war bisher nicht ver-
sucht worden. Und doch waren vielleicht die Bewohner keiner zweiten Stadt durch Lage,
Bedeutung und die weitesten Beziehungen besser im Stande, die verschiedensten Kunst-
techniken kennen zu lernen, reichlich zu üben und in die Fremde zu verbreiten. Seit den
frühesten Zeiten des Mittelalters fanden die Schätze des ferneren Orientes, sowie die
{eine Kunstwaare Constantinopels hieher ihren Weg; Begünstigung feierlicher Cultushand-
lungen sowie reiche und vornehme Ausgestaltung des Privatlehens äußerten sich nicht wie
anderswo während einer kurzen Blüthenperiode, sondern durchdauerten anderthalb Jahr-
tausende. Hier gingen die Arbeiten der Levante und der weiteren italischen Heimat
durch in die nördlichen Länder, und sie wurden von zahllosen Erzeugnissen des heimischen
Kunstßeißes begleitet. Venedigs Kunstgeschichte und die Geschichte seiner künstlerischen
Techniken ist daher nicht nur an sich von größter Bedeutung als das überschaulichste
Beispiel langdauernder und ununterbrochener Entwickelung, sondern sie ist zugleich
die Geschichte der Aufnahme orientalischer Motive in die westeuropäische Kunst, zugleich
die Geschichte der Verbreitung italienischer Stylformen bei den transalpinen Völkern.
Niemand konnte geschickter sein, eine solche Entwickelung zu schildern, als Giuseppe
M. Urbani, der sich schon durch so viele kleinere Arbeiten als der gründlichste Kenner
der Kunstindustrie seiner Vaterstadt gezeigt hatte. Dieselbe hat sich auch seiner praktischen
Fürsorge als Vorstand des Museums und der Manufacturschule in Murano zu erfreuen. Wer
die gelehrten Schriften des Verfassers kennt, wird nicht eingehende stylistische Analysen
der einzelnen Kunstwerke erwarten, noch den Versuch, der Ausbildung und Verbreitung
der Formen nachzugehen, sondern er wird vielmehr gewiss sein, eine Fülle von Thatsachen
kennen zu lernen, das Resultat langjähriger unermüdlicher archivalischer Studien und einer
seltenen Belesenheit, aber keineswegs trocken aneinander gereiht, sondern in anmuthigster
Form verbunden und mitgetheilt. Das Buch ist in zehn Capitel getheilt, deren jedes die
Geschichte eines Zweiges der venezianischen Kunstindustrie vom frühen Mittelalter bis
in das XIV. Jahrhundert verfolgt, und den durch so vielerlei neue Mittheilungen über-
raschten und gespannten Leser nur bedauern lässt, dass der Verfasser bei der Hoch-
renaissance abbricht und seinen Stoff nicht durch die folgenden Jahrhunderte weiter fuhrt.
Gerade das I7. und 18. Jahrhundert bieten ja in Venedig so vielerlei des Bedeutenden
und Erfreuenden. Wir wollen uns mit der Hoffnung trösten, dass der Verfasser durch
den Erfolg des vorliegenden Werkes, der nicht ausbleiben kann, sich bewogen fühle,
die letzten drei Jahrhunderte venezianischer Kunstindustrie ein andermal mit derselben
Liebe und Sorgfalt zu schildern.