den Anstoß gegeben hatte, war zu einer wirklichen Reform des Ge-
schmackes geworden, der sich keine der gebildeten Nationen mehr ent-
ziehen zu können schien. Selbst Frankreich erkannte die ihm drohende
Gefahr und mühte sich um die Gründung eines gleichen Museums, ein
Bemühen, das noch bis heute nicht vollständig gelungen ist. Es nahm
mit steigender Besorgniss wahr, wie die Länder, die sonst alle in der
Knechtschaft seines Geschmackes und seiner lndustrie standen, sich von
ihm unabhängig machten und neue Wege gingen, die von den fran-
zösischen fernab lagen. Es sah sich völlig in seiner Herrschaft bedroht.
Dem Beispiele Oesterreichs folgten Deutschland, Russland, Italien, der
skandinavische Norden, Holland und Belgien. Museen und Kunstgewerbe-
schulen, allgemeiner Art oder nur für einzelne Zweige des Gewerbes,
schossen wie über Nacht empor. Eine ganz neue artistische Literatur
entstand über das Kunstgewerbe, die uns heute fast überfluthet und mit
ihrer Fülle von Motiven und Vorbildern den Erfindungsgeist zu lähmen
droht. Kunstgewerbe, Geschmacksreform, Fachschulen, das sind Schlag-
wörter geworden. Man begnügt sich nicht mehr, dem Gewerbe Künstler
zu erziehen und den Arbeiter zu bilden, man will schon in der Volks-
schule die kindliche Hand für den späteren Handwerkerstand geschickt
und fähig machen. Wahrlich, wenn man das Alles ruhig beobachtet und
sich den Blick klar erhält, so taucht wohl der Gedanke auf, als erginge
es uns wie dem Zauberlehrling, der die Wasser nicht bändigen kann, die
er geiufen hat.
Eitelberger hatte die Freude zu sehen, wie die Saat, die er doch
vor allen mitgesäet hatte, überall üppig emporschoss. Aber sein Geist
war nicht darnach geschaffen, ruhig zuzusehen, wie die Saat zur Frucht
reifte. Er musste immer Neues denken und schaffen, und so griff er,
einmal auf festem Boden, weit über das eigentliche Gebiet des Museums,
über das Kunstgewerbe hinaus. Er betheiligte sich auf das Lebbafteste an
der Gründung der Fachschulen, die damals vom Handelsministerium
ausgingen. Er bemühte sich um den Zeichenunterricht, ließ die Grund-
züge für denselben feststellen, die er in einer meisterhaften kleinen
Schrift zusarnmenfasste, und errichtete an unserer Kunstgewerbeschule
unter der Leitung Laufbergefs einen Curs zur Heranbildung von Zeichen-
lehrern für die ganze Monarchie. ln den letzten Jahren noch betrieb er
lebhaft die Frage des handwerklichen Unterrichts in den Volksschulen
und dachte - wenige Wochen vor seinem Tode - noch an die Grün-
dung eines Exportmuseums.
Das Alles stand mehr oder weniger, enger oder weiter, noch mit
den Zielen des Oesterreichischen Museums in Verbindung. Aber sein
sorgender Geist, dem selbst das körperliche, immer heftiger auftretende
Leiden nicht Ruhe gebieten konnte, strebte weit darüber hinaus. Der
erkorenen Wissenschaft, dem Studium seiner früheren Jahre, der Kunst-
geschichte, war er treu geblieben trotz aller äußeren Thätigkeit, und