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Volltext: Alte und Moderne Kunst I (1956 / Heft 1)

AUGABTEN- 
POBZELLAN 
M A. RAVANELLl 
Auch heute, im 20. Jahrhundert, im Zeitalter der Mechani- 
sierung, kann man den Hauch der Romantik bei einem 
Besuch in der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten 
deutlich spüren, jenes bestimmte Etwas, das schon seit 
Jahrhunderten über der Porzellanherstellung schwehtc. 
Eine richtige Wiener Spezialität, die selten wie ein anderes 
Produkt ihren Stempel der Entwicklung dieser seltsamen 
Stadt trägt, isl das Augartcn-Porzellan geworden. Es war 
ein langer und oft sehr harter Weg für die verantwort- 
lichen Männer der Wiener Porzellanerzeugung, ehe sie 
den Ruf ihrer Erzeugnisse auf den heutigen Stand ge- 
bracht haben. 
Der älteste Techniker des Betriebes - selbst aus einer 
alten traditionellen Porzellinerfamilie stammend - führte 
die Reporter unserer Zeitschrift durch die Manufaktur, die 
gegenwärtig 130 Mitarbeiter zählt. 
Er erklärte uns jede wichtige Phase der Herstellung, wäh- 
rend er zwischendurch immer wieder mit glänzenden Augen 
von denen spricht, die es überhaupt ermöglichten, daß 
Österreich heute derartig führend in der Porxellanherstel- 
lung ist. Sogar China, das Porzellanursprungsland, ver- 
suchte, den Stil des Wiener Porzellans nachzumachen. 
Der seltsame spröde Stoff hat eine äußerst lcgcndenumwo- 
bene Geschichte. Auf dem indischen Seeweg, von China nach 
Europa gebracht, lockte das Geheimnis lange Zeit hindurch 
Wissenschaftler und Scharlatane, Abenteurer und Phan- 
tasten. Im Jahre 1710 gelang es dem Dresdner Alchimisten 
Johann Friedrich Büttger nach langem Studium, ein 
rotes Steinzeug und schließlich das weiße Porzellan zu cr- 
zeugen. 
DAS BLUMENMÄDCHEN 
DER WÜSTENFUCHS zLUCCA CHMEL WIENV 
 
Der Gründer der Wiener Manufaktur war der 
niederländische Hofkriegsratagcnt Claudius 
Innoeentius D u Pa quier. llr begann schon 
Anno 1717 mit einem Mitarbeitcrstab, beste- 
hend aus drei Männern, unter ihnen der 
ehemalige Werkmeister der Meißner Porzel- 
lanfabrik, Samuel Stölzcl. 
Die hervorragcndslen Schöpfungen der Du Pa- 
quier-Zeit sind Sehwarzrotmnlereien mit Gold 
und die weltberühmten Malereien des Dubsky- 
Zimmers im Österreichischen Museum in Wien. 
Wenn zunächst Du Paquicr sich mehr an chi- 
nesische Vorbilder hielt, so beginnt doch schon 
zu seiner Zeit das XViener Künstlertum her- 
vorzutreten und hält der „Chinoiserie" die 
„deutsche Blume" entgegen. Trotz seiner 
künstlerischen Erfolge hatte das Werk viel- 
fach mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämp- 
fen, bis sich 1744 Maria Theresia, weitblickend 
die Bedeutung kunstgewerblichen Schaffens für 
Österreich erkennend, entschloß, die Fabrik in 
staatliche Verwaltung zu übernehmen. Von die- 
scm Jahr an führte die Manufaktur als staat- 
liche Fabrik dcn historischen Bindenschild des 
Hauses Babenbcrg, welches auch heute noch das 
weltbekannte Firmenzeichen ist. 
Unter Baron S o r g e n t h a l, der 1784 Direk-
	        
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