denn schon 1667 ernannte ihn König Karl II. von Spanien zum
Ritter von Calatrava und berief ihn 1695 als Hofmaler zu sich.
Auch in Rom selbst wurde Caravaggio als Stillebenmaler ein-
flußreich, doch noch weit kurzfristiger als in Neapel. Denn in
Rom setzte sich die von den Carraccis ausgehende, vollkommen
gegensätzliche Richtung entscheidend und auch bald durch. Die
ganze römische Stillebenmalerei steht daher im Zeichen eines
auf reine malerische Wirkung ausgehenden Lyrismus, der große
Formate nicht liebt, ohne deshalb dem Dekorativen aus dem
Wege zu gehen.
Lodovico wie Annibale Carracci haben öfters in ihren
Bildern köstliche Stilleben angebracht (siehe z. B. den Bohnen-
esser des Annibale), ihr Naturcmpfinden war wesentlich mehr
auf das Intime gerichtet, als das des Caravaggio. Aus ihrer
Schule erblühte ein Stillcbenmaler von sehr hohem Rang: der
sogenannte Gobbo dei Carracci, oder auch Gobbo da
Cortona oder Gobbo da' frutti genannt (um 1570 Cor-
tona, gest. 1640? Rom). Dieser Künstler, ein Schüler des Anni-
bale Carracci und des G. B. Viola, wurde öfters, doch wohl
irrig, mit P i e t r o P a o l o B o n z i gleichgesetzt. Gobbo dei
Carracci übte einen heute noch lange nicht genügend erkannten
Einfluß aus; wenn nicht alles täuscht, reichte er sogar bis zum
Bolognesen G. M. Crespi, dessen wenige, prächtige Stilleben
ohne den Gobbo dei Carracci gar nicht denkbar sind. Gobbo
kombinierte sehr knapp im Rahmen, daher gewinnen auch seine
kleineren Bilder einen monumentalen Charakter. Die Themen
sind schlicht, von jeder Theatralik weit entfernt und recht ein-
fach behandelt. Das schöne Stilleben mit Korb und Chiantiflasche
in Florenz (Slg. Cecconi) wirkt wie ein verfrühter Chardin über
das Zwischenglied der Anne Valayer-Coster. Weitere römische
Stillebenmaler von hohem Können sind der seltene Michel-
angelo di Campidoglio recte di Pace (1610-1670 Rom),
die beiden bis gegen das jahrhundertende lebenden Brüder
Francesco und liilippo Lauri, Mario Nuzzi, genannt
Mario de" fiori (1603 Pcnna, 1673 Rom), dann - ganz
vorzüglich - Pier Antonio Barbieri (1603-1649), der
Bruder des großen Guercino, dessen wenige gesicherte Stillcbcn
wahre Feuerwerke sprühender Farben sind. Seine Zeitgenossen
nannten diesen Maler den „Stillebenspezialisten", also bestand
damals auch in Rom ein bcachtenswcrtes Spezialistentum, obwohl
darin Neapel nicht zu übertreffen war. Auch der sonst ganz
andere Themen bearbeitende M i c h e l a n g e l o C e r q u o z z i
(1602-1661) Rom) hat mehrmals recht brave Stilleben gemalt,
mit denen er seine Zugehörigkeit zu den „Bamboccianti" nach-
haltig betonte. Bemerkenswert sind ferner noch Lapez und
Ca r l o d e' fio ri, der letztere malte dem Miratta die Stillebcn
in seinen Bildern. Die Reihe der römischen „Pittori di natura
morte" schließt dann effektvoll A r c a n ge l o R e s a n i ab
(1670-1740 Rom). Sein bisher umstrittenesTodesjahr konnte ich
vor einigen Jahren gelegentlich der Expertisierung eines Stil-
lebens feststellen, denn auf dessen Rückseite fand sich von der
Hand eines Abbate Taddeo de Corvo verzeichnet: Ultimo ori-
ginale del celcbre penello, fatto pochi giorni prima sua mortc il
3 luglio 1740. C h r i s t i ano Mon a ri (um 1660 Reggio Emilia
bis 1720 Rom) malte als Nachahmer des berühmten Lombarden
Baschenis Stilleben mit Musikinstrumenten, aber sie wirken flau
und oberflächlich.
Das Bestehen sogar einer räumlich wie qualitativ keineswegs
ansehnlichen Stillebenmalerei in Florenz ist bei dem künst-
lerischcn Habitus dieser Stadt nicht zu erwarten. Immerhin stellte
Florenz einiges darin bei, fortführend die Tradition des jacopo
da Empoli und des jacopo Ligozzi (s. v.). Monnanno
M o nn an n i (nachweisbar im ersten Drittel des 17. jahrhun-
derts), seinerzeit sichtlich angesehen, ist nur durch Baldinticci
in der Vita des Cristofano Allori bekannt geworden, gesicherte
Werke fehlen bis dato, dagegen hat B a r t o l o m e o B i m b i
(1648 bis ungefähr 1725 Settignano bei Florenz) ein ansehnliches
Oeuvre an Blumenbildern hinterlassen, welche er meistens für
1h
den Großherzog malte. Viele davon befinden sich in außeritalieni-
sehen Galerien und gehen unter dcn verschiedenartigsten Namen,
in Braunschweig z. B. unter jenem des Jan van Huysum. Die
meisten seiner Werke befinden sich in der Villa Reale di (Jastello
und wenn bei einem italienischen Stillebcnmaler des Barocks eine
größere Abhängigkeit von niederländischen Vorbildern fest-
gestellt werden kann, so bei Bimbi. Er hebt sich von den Ge-
mälden des einige Zeit in Florenz arbeitenden Mario Nuzzi, ge-
nannt de" fiori, nicht zu seinem Vorteil deutlich ab.
Umfangreich, kompliziert und trotz den Arbeiten von Delogu
noch nicht zur Genüge durchforseht, zeigt sich die Stillcben-
malerei in O b e r i t a l i e n und in G e n u a. Der erste Eindruck,
den man hier von ihr gewinnt, ist der einer geradezu hyper-
trophcn Intensität. Auch hier einiges Spezialistentum, doch ar-
beiten viele der Stillebenmaler auch in starker Verbindung mit
Landschaft, Mythologie, Genre und Tieren. Diese wohl unter
vlämischem Einfluß entstandene Kombination ist besonders ein-
drucksvoll in G e n u a anzutreffen, wo in erster Linie G. B. Ca -
stiglione (1616-1670 Genua) zu nennen ist, dessen meist
theatralische Stilleben mitunter nur geschickte Beigaben zu
Mythologien und Tierbildern sind. ln ähnlicher Weise arbeitete
A. M. Vasallo (nachweisbar 1640,50), der als Vlame (F) viel-
leicht ein Schüler des Rubens war, während Gio v anni Ago -
s t ino C a s san a (1611-1691) seine Stilleben vorzugsweise mit
Tieren in der Art dcs Salvatore Rosa verbindet, wogegen An-
tonio Travi, genannt ll Sestri (1608 Sestri ponente, 1665
Genua?) die Stillcbenbcstandteile in genreartig staffierte Land-
schaften mit Ruinen einbaut. Auch der tüchtige Giovanni
R o s a (Genua, tätig Mitte 17. jahrhundert) geht dem reinen Stil-
leben aus dem Weg.
Venedig ist auf dem Gebiet der Stillebenmalerei durch das
ganze Barock hindurch unproduktiv. Das ist verwunderlich, wo
doch gerade in der venezianischen Frührenaissance entzückende
Beispiele von stillebenartigen Akzessorien gemalt wurden, z. B.
bei Carpaccio.
Die trefflichen Bemerkungen von Luigi Lanzi in seiner Storia
pittorica dcll' Italia (1789, tom. III, pag. 211) „Molti erano
allora pittori di fiori e frutta per tutta Italia. Ma osservo chc i
lor nomi son pcr la maggior partc in dimentieanza o se si leggon
ne' libri, se ne ignoran Voperc" gelten bis nahe an unsere Tage
heran, besonders für Oberitalien und hier namentlich für die
Lombardei.
Es gibt hier sehr viel Tüchtig-Mittelmäßiges, denn auf dem
Gebiet des eigentlichen Stillcbens sind nur drei Namen erst-
klassiger Maler zu nennen: Evaristo Baschenis und ja-
copo Ccruti, genannt Pitocchctto. Dann noch als Blumen-
spezialist G i u s e p p e V i e e n z i n 0 (tätig mit seiner Tochter
Dome nica in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Mai-
land). Viccnzino ist eine unmittelbar von Caravaggio herzulei-
tende Künstlerpersönlichkeit, nur daß auch er, wie seine Tochter
dunkeltonige Hintergründe und bei allem Detail eine weiche
malerische Haltung ihrer Bilder bevorzugen. Malvezzi, ein Viten-
schreibcr des Spätbarocks, hat recht, wenn er die Gemälde von
Vater und Tochter benennt als „fatto nella maniera di Brügcl . . .
pittore bravissimo di fiori, benissimo escguiti . . ." Bis gegen 1925
wurden viele Blumenstücke dieses Künstlerpaares dem Cara-
vaggiokreis zugeschrieben. Das hier auf Seite 8 abgebildete Stil-
lcben dürfte eine Arbeit von Viccnzino-Vater sein.
E v a r i s t o B a s c h e n i s hat seinen Ruhm als einziger dieser
Gruppe nie verloren. Aber auch nur als Maler köstlich grup-
pierter Musikinstrumente. (1617 Bergamo, 1677 ebda.) Die Zahl
solcher Gemälde von seiner Hand ist groß; über den Musik-
instrumenten liegt ein Hauch von Abstraktion (trotz aller natu-
ralistischer Genauigkeit). „Mit einer wahrhaften Kubisten-Freude
an dem Aufbau komplizierter körperlicher Gebilde aus den ein-
fachen geometrischen Formen hölzerner Instrumente ordnet cr
seine Stilleben zusammen, die koloristisch und taktisch ihre Wir-
kungen aus dem Gegeneinander von glatten, undurchdringlichen