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Volltext: Alte und Moderne Kunst I (1956 / Heft 3)

hinaus, auch noch etwas anderes: tiefsinniges Symbol für Ablauf 
und Vergänglichkeit alles Irdischen, Künderin des Alltäglichen, 
Ruferin in den Stunden seelischer Bewegtheit. Was Wunder also, 
daß der Künstler früh genug dieses einen Teil seines Wesens 
atmende Gebilde, selbst von ihm angezogen, in den Bannkreis 
seines Schaffens zog, um ihm in seiner beredten Sprache nach 
außen hin jenen vielseitigen Ausdruck zu geben, dessen diese 
Sprache fähig ist. Und so macht die Gehäuseform der Uhr jenes 
Auf und Ab stilgeschichtlicher Entwicklung mit, welches zwi- 
schen Höhepunkt und Glanz, und Tiefstand und Unbedeutendem 
schwankt. Von einer stetig aufsteigenden Linie der Entwick- 
lung kann also im Falle des Uhrengehäuses nicht die Rede 
sein. 
Wenn wir daher im folgenden Empire-Uhren zum Gegenstand 
unserer Betrachtung machen. so ist damit nicht gesagt, daß wir 
hiebei Gehäuseformen begegnen, die auf einem Höhepunkt künst- 
lerischer Entwicklung angelangt sind. Inwieweit gerade dem 
Empire künstlerische Wertschätzung im Bereich einer wesent- 
lich unstetigen Entwicklung, wie es eben die künstlerische im 
großen gesehen darstellt, zuerkannt wird, ist Sache subjektiver 
Beurteilung, eine Frage der Ästhetik, die hier nicht gegenständ- 
lich sein soll. Alle großen stilgeschichtlichen Epochen, von der 
Gotik beginnend, haben Bemerkenswertes, vielfach sogar Be- 
deutendes auf dem Gebiet des Uhrgehäusebaues hervorgebracht, 
sei es etwa die berühmte, vielumstrittene Standuhr Philipps des 
Guten von Burgund (heute im Germanischen Nationalmuseum 
in Nürnberg), diese prachtvolle Kleinplastik aus der Herbstzeit 
der Gotik, seien es die Meisterwerke der Gehäusemaeher, Zisc- 
leure und Graveure der Renaissance oder die großartig gestal- 
teten Kunstuhren des Barocks in der Vielfalt ihrer Erscheinungs- 
formen. Sie alle sind das künstlerische Produkt ihrer Zeit und 
nur als solches zu verstehen. Es gilt, die Empire-Uhr unter dem 
Blickwinkel des Zeitgescheherts ihrer Entstehung zu betrachten, 
einer Zeit der Diktatur, die mit ihren Ambitionen vor den Schran- 
ken des gehciligten Reiches der Kunst ebensowenig halt zu 
machen bereit war, wie vor allen anderen Erscheinungsformen 
menschlichen Lebens. 
Die Epoche de: Empire (1800 bis 1820) 
Die folgende Tabelle „Kulturgeschichtliche Meilensteine" soll 
einen raschen Überblick vermitteln über die Kultur- und Kunst- 
epoche des Empire, ohne ins Detail einzugehen. 
1780 Ingres geboren. 
1789 Sturm auf die Bastille. 
1791 Mozart gestorben. Grillparzer geboren. 
1793 Louis XVI. guillotiniert. 
1795 Herrschaft des Direktoriums. 
1796 Corot geboren. 
1797 Schubert und Heine geboren. 
1798 Bonapartes Zug nach Ägypten. 
1799 Bouchard findet die „Inschrift von Rosette"; 
Balzac gestorben. 
1800 Der Sekundenzeiger beginnt allgemein zu werden. 
1802 Victor Hugo geboren. 
1804 Bonaparte, Kaiser der Franzosen. 
1805 Chancel erfindet die Tauchzündhölzchen. 
1806 Schlachten bei Jena und Auerstädt. 
Das „Heilige Römische Reich" schwindet aus der Ge- 
schichte. 
1809 Haydn und Darwin geboren. 
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