MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst I (1956 / Heft 3)

NEUE FORM AUS DÄNEMARK- 
Von W. M RAZEK 
SCHULE DES GUTEN GESCHMACKS 
Zu allen Zeiten ist die nähere Umgebung des Menschen, seine 
Wohnung, sein Haus, seine Stadt, ein Spiegelbild seines Wesens. 
Doch zu keiner Zeit wurde es ihm so schwer gemacht, sein Wesen 
gültig auszusagen, wie gerade in der raschlebigen Gegenwart, wo 
kaum entstandene Formen schon wieder als veraltet gelten, wo 
llrsatz- und Kunststoffe jedes Gerät zu einem bloßen Zweck- 
gegenstand machen, dem kein materieller Wert mehr zukommt, 
und der, einmal abgenutzt, achtlos weggeworfen wird, weil er 
leicht ersetzbar ist. Das schallt bei einem immer weniger aus- 
geprägten Empfinden für gute Formen eine kritische Situation, 
die einem sich stetig vollziehenden Strukturwandel des mensch- 
lichen Bewußtseins entspricht. Nicht nur das Vertrauen in den 
eigenen persönlichen Geschmack ist kaum mehr vorhanden, son- 
dern in völliger Beziehungs- und Hilflosigkeit überläßt man dem 
Architekten oder dem Geschäftsmann in stellvertretender Weise 
die Aufgabe, die eigene Umgebung zu gestalten und zu be- 
stimmen, in welcher Umwelt wir leben und uns wohl fühlen 
sollen. 
Was wäre also dringender notwendig, als dem verkümmerten 
Formempfinden auf die Beine zu helfen, es zu schulen und zu 
entwickeln! Die Unsicherheit der eigenen Gegenwart gegenüber 
- mitunter ist es schroffe Ablehnung - gilt nicht in gleicher 
Weise für die Erzeugnisse der Vergangenheit. Die Museen haben 
hier den Blick für die guten und schönen Formen der Vergangen- 
heit geschult und das Bedürfnis geweckt, sich lieber mit den 
alten Geräten zu umgeben. Man vcrgißt dabei nur zu oft, daß 
die alten Formen auch einmal ncue Formen waren und dziß das, 
was heute neu ist, in einigen Jahrzehnten bereits den Nimbus 
des Altseins trägt und zum Sammlerobjekt werden kann. Als 
Antiquität wird es dann eine ganz konkrete Aussage über die 
Zeit und den Geschmack der Menschen in der Mitte des 20. jahr- 
hunderls sein. Sicher wird nicht alles Bestand haben, was gegen- 
wärtig geschaffen wird. Und sieher wird nur das seinen Wert 
behalten, was Verwandtschaft mit jenem ewig gültigen Formen- 
schatz besitzt, der die Jahrhunderte hindurch in schöpferischen 
Zeiten immer wieder zum Durchbruch kommt. 
Abb. l 
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