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Volltext: Alte und Moderne Kunst I (1956 / Heft 4)

Äbh. 1. Glubul IM Schlnß Klrlslus! mll dum Wappcn du Bauhnrrn Klrl Fürsl Aunrnpurg (1750-182?) 
 
SCHLOSS KARLSLUST 
EIN JAGDSCHLOSS AUS DEM ENDE DES 18. JAHRHUNDERTS 
Von FRANZ WINDISCHAGRAETZ 
Niederösterreich ist das an Schlössern reichste unter den Bundes- 
ländern. Vielleicht sind die Burgen Nordtirols bekannter, da sie 
im Inntal, an der seit Jahrhunderten viel begangenen Nord-Süd- 
Verbindungsstraße, liegen. Doch vermag mancher Edelsitz in 
Niederösterreich leicht einen Vergleich mit ihnen aufzunehmen. 
Dazu kommt, daß sich hier Bauwerke aus allen großen Stil- 
epochen befinden, während das in Tirol nicht der Fall ist. - Im 
Folgenden soll nun von einem Schloß aus den letzten Jahren 
des 18. Jahrhunderts die Rede sein. 
Zunächst muß darauf hingewiesen werden, daß der Krieg und 
seine Folgen höchst beklagenswerte Schäden und Zerstörungen 
angerichtet haben, die nur langsam, manche vielleicht nie mehr, 
wieder gutgemacht werden können. Umso erfreulicher ist die 
Tatsache, daß das kleine Schloß Karlslust die drohenden Ge- 
fahren nahezu heil überstanden hat, obzwar es wegen seiner 
völlig abgeschiedenen Lage ganz besonders dem Zufall und der 
Willkür ausgeliefert war. 
Eine Freude für den Historiker bedeutet es überdies, daß fast 
alle Urkunden zur Baugeschichte des Schlosses erhalten sind, 
die hier zum erstenmal zur Veröffentlichung kommen. Sie wer- 
den der eigentlichen Bcschreibung des Schlosses als Grundlage 
und Einleitung vorangestellt. 
Ein mäßig starker Folioband, der sich im kleinen Archiv des 
Schlosses befindet, trägt auf einer Etikette die Bezeichnung: „Bau 
Rechnung f Bey der Herrschaft Fladniz I über das Gebäu Karls- 
lust." - Auf über 120 Seiten werden samtliche Ausgaben nach 
den einzelnen Professionisten aufgegliedert und dann in einem 
Verzeichnis die Gesamtzahlungen an die Handwerker zusammen- 
gefaßt. 
Die Errichtung des Schlosses benötigte drci Jahre, von 1795 bis 
1798. Der Bauherr war Karl Fürst von Auersperg (1750-1822). 
Gleich zu Beginn, auf Folio 1 des Buches, findet sich eine der 
wichtigsten Eintragungen, die sich auf den Baumeister bezieht. 
Sie lautet: 
„llerr Franz Xaverius Polnjürsl} bürgl. Baumeister in Wien, 
hat vermög mit Sr. llocbjürstl. Durchlaucht abgeschlossenen: 
Kontrakt ddo. I. August 1795 ut. N0. 1 das Neugebäu Karlslusl 
nebst den 2 Nebengebäuden ebener Erde in der Ilerrscbajtl. 
Fladnilzer Waldung bis Ende August nach den zu [fanden ge- 
horsamst übergebenen Provil und Grundrissen vollkommen ber- 
zuslellen sich anbäusclaig gemacht... Der nusgefablene hon- 
traktmäßige Betrag ibme für obig aufgeführte Gebäude aus der 
Fladnitzer Baucassn zu zahlen wäre mit 4120 [L 30 1er." 
Somit hat Polnfürst den Bau nicht nur ausgeführt, sondern auch 
entworfen „nach zu Handen gehorsamst übergebenen Provil und 
Grundrissen". In Wien konnte bisher nur ein Haus dieses Bau- 
meistcrs urkundlich festgestellt werden; es wird in der Ver- 
lassenschaftsabhandlung? als Eigentum Polnfürsts angegeben 
und trägt die nähere Bezeichnung: „Haus No. 2 am Ziegelofen- 
grund . .. zu Gumpendorf auf dem Kaunizischen Grund." Es ist 
jedoch mit Sicherheit anzunehmen, daß die derzeit vor dem Ab- 
schluß stehende Erforschung der Wiener Bürgerhäuscr noch 
andere Bauten Polnfürsts ermitteln wird. 
Weitere Zahlungen werden dann noch aus den Jahren 1796 bis 
1798 aufgeführt. Sie zeigen, daß auch in einem Jagdschloß, das 
wie dieses die Zurückgezogcnhcit betonte, ein ziemlich umfang- 
reicher Haushalt geführt wurde. S0 heißt es: „...Forstmeister 
Wohnung ober den Officier Zimmer, für den Trakt ober der 
Zimmcrwärters Wohnung, für die Herstellung der Stallung mit 
Zimmern, die Erbauung der Wagenschuppen . . . , endlich haben 
Sr. Durchlaucht ersagten Baumeister eine duseur von 450 fl. gnä- 
digst zu bestimmen geruhet." 
Eine für die Herkunft der Inneneinrichtung des Schlosses sehr 
wichtige Nachricht, bedeutet die Eintragung bezüglich der Möbel: 
„Uermög annectierler Uerzeicbniß ul. N0. I8 wurden dem Mar- 
tin Rislerer, Tischlermeister zu Reiz, die in das Neugebäu Karls- 
lust accordirl uerfertigle Möbelarbeiien gezahll mit .593.30 Il." 
l Aus dem Totenprutnktill (Bd. 11H. llillß. AWI, F01. lÜ-l. 7 Archiv der 
Stadt Wien) geht hervor. daß der aus Wien gebürtige bürgl. Baumeister 
Franz Polnfürst in seiner Wohnung .,beym grünen Baum Nr. 76 am 
Neudeggergrund" im Alter von 53 Jahren am iti. September 1808 ge- 
storbcn ist. 
1" Verlasscnschaftsabhnndlung Nr. Zfiiti-liljlflliß. -- Archiv der Stadt 
Wien. Pulnfürst hatte den Baugrund vom Fürsten Kaunitz gekauft und 
darauf ein Zinshaus mit 23 Kleinwohnungen, bestehend aus Küche und 
2 Zimmern errichtet. In einer der Verlassenschaftsabhandlung beiliegen- 
den Schätzung des Hauses werden 23 Küchen, 46 Zimmer und 4 Kam- 
mern angegeben. Derartig: Nachrichten sind stadtgeschichtlicli, noch 
mehr aber sozialhistarisch aufschlußreich.
	        
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