Abb. 2. Rekonstruktion des Fonunatempels
in Paläsuina. Dieser römisch: Tempel dürfte
Fischer von Erlach in eine: Rekonstruktion
aus dem XVII. Jahrhundert bekannt gewe-
sen sein.
k schlechthin" zu schaffen vorhatte. (Dazu würde - wären
Pläne noch erhalten - der ideale Entwurf für die Hofburg
hl noch das absolute Stadtschloß gestellt haben.) Diese Be-
ichtung ist gut, aber so gefaßt zu abstrakt. Sie wird konkret,
an man das Wort absolut durch das Wort „leaiserliclf cr-
zt. Denn die kaiserliche Ausprägung einer Gattung ixl eben
esmal deren höchster Inbegriff, eine Summa, zugleich aber
"olut individuell und einmalig, unnachahmbar und unwieder-
bar, weil es eben nur einen Kaiser gibt. Hat man das erst
gesehen, so versteht man auch, daß gerade jene Fähigkeit,
Fischer in seiner „et-Sten" Zeit so virtuos (zunächst aber noch
mwiegend an adeligen Aufgaben) entfaltet, nämlich, überall
„Ungemeine", Einmalige zu schaffen, an den kaiserlichen
fgaben die ihr gemäße Sphäre gefunden hat und sich an die-
auf das höchste erfüllen konnte und mußte. So betrachtet,
Fischer durch Naturanlagc wie durch seine Schulung bei
nini der prädestinierte Kaiserliche Architekt gewesen und
xe Berufung in den Hofstaat des künftigen Kaisers nicht nur
biographisches Ereignis, vielmehr eine der glücklichsten
anjunktionen" der Geschichte. - Fischers andere Fähigkeit,
pen weniger zu schaffen, als zu hoher Vollkommenheit und
bindlichkeit zu bringen, die sich am gemäßcsten im adeligen
loß- und Palastbau (viel weniger im Kirchenbau) entfaltet,
sich in der Auseinandersetzung mit dem französischen
loßbau und dem römischen Palastbau bewährt, aber an der
ssischen Kunst der Hochrenaissance gebildet.
„letzte" Zeit Fischers (1716-1721) ist nun jenes Stück
ies Gesamtwerks, dessen Bestand sich seit den dreißiger Jah-
am gründliehsten geändert hat, obwohl auch hier sich eine
1c Schau schon damals angebahnt hatte, als Justus Schmidt
. sogenannten ersten Hofburgcntwurf mit dem damals eben
: aufgefundenen „zweiten" Entwurf Josef Emanuel und das
telrisalit des Soldatenspitals versuchsweise - und wie ich
ube mit Recht - Johann Bernhard Fischer von Erlach zu-
rieb.' Auf die Notwendigkeit, dieses „Gußstück" ganz neu
formen, gehe ich hier nicht ein.
ser Bild von dieser „letzten" Zeit Fischers würde sich aber
h einmal ganz wesentlich ändern, wenn die aus einem Semi-
Karl Maria. Swobodas erwachsene These Liselotte Popelkas,
l Josef Emanuel am Außenbau der Karlskirche nur wenig
1r geändert haben kann, daß mithin die heutige Gestalt von
nbour und Kuppel in allem Wesentlichen einem unbekann-
Entwurf Johann Bernhards entspreche, sich behaupten
rde. '" Eine solche Umwälzung unserer Anschauungen könnte
' begrüßt werden, denn sie würde plötzlich vieles in neuem
ht erscheinen lassen. Und daß ich gerne bereit bin, alle Irr-
ter zuzugeben, habe ich im Falle der Lustgebäude Strattmann
zuwaldegg), Eckardt und Althan gezeigt. Ich finde mich aber
eh die für die Karlskirehe angebotenen Beweisgründe bei
er Bereitschaft noch nicht überzeugt. Denn die herangezoge-
Äittcilungen des Vereins f. Gesch. d. Stadt Wien 1933, S. 17-18, und
Jahrb. f. Kunstgesch. 1934, S. 156.
tlte und Neue Kunst IV (1955), Doppelheft 3I4, S. 75 ff.
Hosen Hinweis verdanke ich Herrn Professor Friedrich Neumann,
nen Urkunden sprechen doch nicht eindeutig genug. Wir hören
(um das Wesentlichste herauszuheben) doch nur, wie man im
Oktober 1720 Lieferanten von Bauholz mit dem Hinweis zu
drängen versuchte, daß man im nächsten Jahr „mit dem Ge-
mäuer so weit avancieren dürfte (l), daß folgsam die Kuppel
gewelbet und allsdann das Taeh darüber zu machen wäre (!)".
(Man sollte dazu aber beachten, daß im nächsten Jahre, 1721,
an Fischer nur mehr das halb e Wagengeld ausbezahlt wurde.
Er muß also ungefähr die zweite Hälfte des Jahres lang schon
so krank gewesen sein, daß er nicht einmal im Wag n' zum Bau
kommen konnte, - was schon seine sehr zitterige nterschrift
auf einer Urkunde vom 24. Mai 1721 vermuten lassen konnte.
Und es ist doch wenig wahrscheinlich, daß man bei diesem Zu-
stand des verantwortlichen Baumeisters an die schwierige Ein-
wölbung der Kuppel gegangen ist.) Wir hören ferner, daß im
Laufe des Jahres 1724 die erhöhte Kuppel gewölbt worden ist.
- Diese urkundlichen Nachrichten schließen durchaus nicht
aus, daß Josef Emanuel die Abänderung der Kuppel und des
Tambours - und zwar vorwiegend aus statischen Grün-
den, nämlich des geringeren Schubs und der stärkeren Wider-
lager wegen - in Zeichnungen schon 1722 oder im Frühjahr
1723 vorbereitet hat, daß 1723 der veränderte Tambour aufge-
führt (oder der zum Teil stehende abgeändert?) und im Jahre
1724 die Kuppel gewölbt wurde.
Da. aber bei nicht durchaus eindeutiger Urkundenlage die,
höchste, maßgebende Instanz die Stil- und Strukturanalyse ist,
muß diese entscheiden. Und die Entscheidung fällt meiner Mei-
nung nach eher gegen die These als für sie aus, besonders wenn
man - wie es unbedingt geschehen muß, die Änderungen an
Tambour und Kuppel mit denen an der Chorpartie (innen und
außen) zusammenzieht. Doch sind diese Fragen viel zu kom-
pliziert und zu subtil, um ihre Problematik in diesem kurzen
Aufsatz mehr als anzudeuten.
Desiderat: Eine gründliche Monographie Josef Emanuel Fischers
in Buchform.
S. Ein weiterer Komplex offener Fragen betrifft die Nachwir-
kung und - was etwas anderes ist - die innere Nachfolge der
Kunst Fischers. Dabei geht es - wie übrigens auch bei der
Ableitung von Fischers Stil - nicht so sehr um die Verfolgung
einzelner wirkender Motive. Es geht nicht einmal so sehr um
die Nachwirkungen von Fischers „Stil". Sondern vielmehr um
die Nachfolge seiner Prinzipien und seiner Auffassung der Kunst
überhaupt.
Desiderat: Abgrenzung des spezifisch „Fischcrischen" von dem
allgemein „Österreichischen" in Fischers Werk. Konfrontierung
mit der verwandten „Kunst" späterer Meister, z. B. mit Neu-
manns Lustschloßentwürfen, auch anderer Kunstbereiche: z. B.
die Wiener Klassik als bewußte Synthese des italienischen
und des französischen Geschmacks."
Salzburg. Die Abb. 1 und 2 konfrontieren Fischers „erstes" Projekt
für Schönbnmn mit einer Rekonstruktion des Fortunatempels von Palä-
strina aus dem XVII. Jahrhundert, auf den Fischer durch das Studium
der Werke Bramantes hingelenkt worden sein dürfte.