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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Galizien

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die Aufmerksamkeit des Beschauers auf sich lenkt, ist es hier die Gruppe der Apostel und in 
ihr einzelne Gestalten, die uns am meisten Hinreißen. Keine Reproduction vermag hiervon einen 
Begriff zu geben. Man muß diese Gestalten in der Nähe, in ihren natürlichen Verhältnissen 
sehen, um ihren künstlerischen Werth vollauf zu würdigen. Eine von ihnen, rechts der 
abgemagerte, vertrocknete Mann mit nackten, sehnigen Beinen und derben Kniescheiben, 
mit gestrecktem Halse und erhobenem Kopfe, ist eines Künstlers von erstem Range würdig. 
Zwei andere Werke dieses Meisters in Krakau sind das Grabmal des Königs Kazimir 
des Jagelloneu auf dem Wawel, mit Monogramm und dem Datum 1492 versehen, und ein 
Basrelief, Christus auf dem Ölberge darstellend, das heute in die Mauer eines Hauses gegen 
über der Marienkirche eingesügt ist. Das elftere, in einer manierirten Architektur aus rothem 
mit weißen Punkten geflecktem Marmor ausgeführt, was seine Unruhe noch erhöht, seine 
Schönheit aber schädigt und verwischt, hat sowohl in der Hauptfigur, als in den Neben 
figuren alle jene hohen Vorzüge, welche wir hervorzuheben versuchten. Was aber das 
Basrelief anbelangt, so ist es gleichfalls durch die für den Künstler charakteristischen 
Merkmale ausgezeichnet. Wenn jedoch die Holzschnitzerei enge mit der Malerei und 
Goldschmiedekunst verknüpft und mit diesen in denselben Zünften vereinigt war, so war die 
Bildhauerkunst in Stein, welche einen Zweig der Steinmetzkunst ausmachte, davon völlig 
geschieden. So ist es denn sehr wahrscheinlich, daß Veit Stoß zu beiden Kunstwerken nur 
die Modelle geschaffen hat, wenn er auch die Ausführung des ersteren wohl persönlich 
überwacht haben mag. Jörg Huber aus Passau hat das königliche Grabmal in Marmor, 
das Basrelief aber hat wohl ein uns unbekannter gewöhnlicher Steinmetz ausgeführt. Als 
ein drittes Werk Stoß' betrachten wir noch das Grabmal des Humanisten Philippus 
Kallimachus, Lehrers der Kinder Kazimir des Jagelloneu, aus dem Jahre 1497. 
Wenigstens scheint uns das Mittelstück des Grabmals, das die Person des Dahin 
geschiedenen darstellt, von des Meisters Hand herzurühren. In Bronze ausgeführt, 
ging es allem Anschein nach aus der berühmten Nürnberger Gießerei Peter Wischers 
hervor. Sowohl die Schönheit des Gusses, als auch die'Sorgfalt der Ciselirarbeit zeigen 
alle Merkmale dieses Ursprunges; das Modell zur hergestellteu Figur aber mußte Bischer 
von Veit Stoß erhalten haben, welcher Kallimachus persönlich gekannt, manche Arbeit für 
ihn ausgeführt hatte und sowohl der Gestalt selbst, als auch den interessanten Details des 
inneren Planes, aus dessen Hintergründe sie hervortritt, jene charakteristischen Züge verlieh, 
die wir auf seinen Basreliefs in der Marienkirche sehen. Möglicherweise ist auch der in der 
St. Floriankirche befindliche schone Altar aus Holzschnitzarbeit, welcher Scenen aus dem 
Leben Johannes des Täufers darstellt, auf die Schule Veit Stoß' zurückzuführen. An Stil 
und Charakter der Bildwerke dieses Altars, welcher höchst wahrscheinlich schon aus den 
ersten Jahren des XVI. Jahrhunderts stammt, erkennt man jedoch eine viel ruhigere und
	        
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