Abb. 2. Deckenfresko des Kuppelraumes der Nationalbibliothek von Daniel Gran (1730).
ietritt man den Palast und durchschreitet die im Dunkel lie-
gende Einfahrt, so ist „vornehmlich die schöne mit Statuen be-
etzte Treppen zu admirieren, welche in dem engen Raume mit
iner so guten Manier angeleget, daß sie das Ansehen des größ-
en Gebäudes der Welt vorstellct". In der Tat, wendet man sich
on der Einfahrt nach rechts dem Treppenhause zu, so gleicht
er Anblick einem faszinierenden barocken Bühnenprospekt, wo
bcr einem dunklen und kraftvoll-bewegten Untergrund aus
rchitektonischen und plastischen Bauelementen eine nicht mehr
äumlich begrenzte Helligkeit schwebt. Über dem ersten Trep-
ienabsatz, dort, wo sich die Treppe teilt und wo die Dunkel-
eitssphäre sich mit der des Lichtes zu mischen beginnt, steht
1 einer Nische die Gestalt des Herkules in heroischer Nackt-
eit und mit der Keule über den Schultern. Zwei Putten links
tnd rechts der Nischenbekrönung aus Keulen und Löwenfell,
leisen auf ihn und blicken nach unten und nach oben. Sie
tellen die Verbindung zu dem emporblickenden Besucher und
lem über der Nische angebrachten Medaillen mit dem Brust-
iilde des Prinzen Eugen her, das in vollem Lichtesglanz zu
chwebcn scheint. Den Abschluß nach oben zu bilden die
)eckcngemälde des aus Frankreich stammenden Louis Dorigny.
lier ist die Quelle allen Lichtes, der seinen Sonnenwagen len-
ende Lichtgott Phoebus Apollo dargestellt.
Das oberste Gestaltungsprinzip barocker Kunst, alle Eii
heilen einem Ganzen unterzuordnen und in Übereinstimn
miteinander zu bringen, ist auch bei dem durch alle Gescr
des Palastes emporsteigenden Treppenhaus wirksam. Zu ei
mächtigen Akkord gesteigert, wird hier die symbolische Be
tung der Bau- und Ausstattungselemente in grandioser Vl
demonstriert. Prinz Eugen, „der größte Held dieser Zeit"
zwischen die Göttersöhne Herkules und Apollo gestellt, um a
deuten, daß er, trotz körperlicher Unvollkommenheiten als
scher Mensch, dennoch alle jene Seeleneigensehaften in sich
einigt hat, die man von altersher mit den mythologischen j
tersöhnen in Verbindung gebracht hatte: Die im irdischen Ril
erprobte Seelen- und Charakterstärke des Herkules und die
lichten Höhen stammenden apollinischen Eigenschaften 4
Musenführers. Im Leben und im Werke Prinz Eugens haben c
eine einzigartige Ausprägung erfahren. Seine Tugenden stimi
überein mit dem, was die Barockzcit als das menschliche It
bild angesehen hat: Den musischen Menschen als leben
Mitte im Strahlungslelde irdischer und himmlischer Kräftev
samkeiten.
Die Ausstattung des Prinz-Eugen-Palastcs mit dem fürstli-
Thema vom Bauherrn zwischen Herkules und Apollo wurde 1
in anderen Wiener Stadtpalästen in bescheidener Weise nac