Festgerüste entnahm man durchwegs der Sakralkunst: Kirchen-
fassaden und Kirchenmöbel dienten als Vorbilder. Das „Pro-
gramm" der Salzburgcr Ehrcnpforten verherrlichte die Hei-
ligen Salzburgs und ihr Streben, die Verehrung der Dreieinig-
keit zu vertiefen.
Der künstlerische Aufbau der Salzburger Triumphtore von 1682
läßt erkennen, daß die italienische Komponente seit 1628 stär-
ker geworden ist. Die erzbischöfliche Ehrenplorte mit schwerer
toskanischer Ordnung im Untergeschoß und einer leichten Pi-
lasterordnung oben entspricht einer Kirchenlassadc des strengen
römischen Barocks. Das Tor des Domkapitels verwendet cor-
toncske Formen mit leicht französischem Anklang. Bemerkens-
wert ist eine achteckige Öffnung im Scheitel des Durchgangs
dieses Tores, die Fischer am Triumphtor der Niederleger im
jahrc 1690 variierte. Ein Halbkreis von Säulen führt zum Tor
des hl. Hermetis, einem achteckigen Tempelchen. Dieses Rund-
tempelmotiv baute Fischer 1690 in der Ehrenpforte der Stadt
Wien aus. In den weiteren Triumphtoren, die man 1682 in Salz-
burg aufstcllte, vermengen sich die verschiedensten Stilformen;
sie wirken unbeholfen und provinziell.
Das Programm der Ehrentore erinnert in den allgemeinen Zü-
gen an das Domweihfest 1628, es unterstreicht aber darüber
hinaus die weltliche Macht der heiligen Bischöfe. Weiters fällt
die Bevorzugung von Soldatenheiligen bei der triumphalen Ver-
herrlichung auf. Das Tor, das im Auftrag des Erzbischofs auf-
gestellt wurde, zeigt Rupert, den ersten Bischof der Diözese
Salzburg, und Virgil, der hier die erste Basilika erbaute, Arno,
der zum Erzbischof und Primas von Deutschland erhöht wurde,
Gebhard, den ersten apostolischen Legaten und Begründer der
Diözesen Gurk und Admont sowie Eberhard, den Gründer der
Diözesen Chiemsee, Seckau, Gurk und Lavant; also eine Zu-
sammenstellung der Machtentfaltung der Diözese.
Die Ehrenpforte des Domkapitels war dem hl. Martin geweiht;
an der Vorderseite sah man das Wirken des Heiligen als Soldat,
an der Rückseite seine priesterliche Tätigkeit als Parallele zum
Leben des hl. Ignatius. Das Tor der Salzburger Universität
verherrlichte den hl. Vinzentius als Märtyrer und Sieger über
die Tyrannis. Das Triumphtor des Stiftes St. Peter war Gott
als König der Jahrhunderte geweiht und die Landstände hatten
einen großen Ehrenbogen als Tempel dem hl. l-lermetis, der
römischer Feldherr war, errichtet. Er war mit Standbildern der
behelmten Roma und der Salzburger Erzdiözese geschmückt, um
den Wechsel der Herrschaft im Lande Salzburg vom Altertum
bis zum 17. jahrhundert anzudeuten. Unter den weiteren Ehren-
toren ist nur dasjenige, welches die Benediktinerinnen am Nonn-
berg aufstellten, erwähnenswert.
1699 errichteten die Salzburger drei große Ehrenpforten - die
letzten - zum Durchzug der Braut Josephs I. Fischers von Er-
lach Überlegenheit als Gestalter von Festgerüsten war jedoch
zu dieser Zeit so groß, daß neben seinen Wiener Ehrenpforten
von 1690 und 1699 die künstlerische Bedeutung der übrigen
Triumphtore, die in diesen jahren in Österreich errichtet wur-
den, stark zurücktrat. Anläßlich des 100jährigen Domjubiläums
1728 ließ Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo das für die Er-
richtung von Ehrenpforten ausgeworfene Geld armen und brest-
haften Personen zuwenden.
DER
GLASSCHNITT
IM
RIESENGEBIRGE
Vou IGNAZ SCHLOSSER
Zwci Ereignisse sind für die neuzeitliche Geschichte des Glases
von ausschlaggebender Bedeutung gewesen. Erstens das Vor-
dringen der venezianischen Glasproduktion im ganzen übrigen
Europa und das Eindringen venezianischer Glasmacher in den
außeritalienischen Glashüttenbetrieb. Wenn auch das Waldglas
damit nicht völlig ausgeschaltet war, so spielte doch vom
16. Jahrhundert an das venezianische „Christallin"-Glas die
Hauptrolle. Zweitens wird vom Anfang des 17. jahrhunderts an
das Schneiden rnit dem Rad von den Halbedelsteingefäßen auf
das Glas übertragen.
Der materielle und ideelle Erfolg, den die Nürnberger Glas-
maeher mit ihrem feinen Kristallglas und die Nürnberger Glas-
schneider mit ihren hohen künstlerischen Leistungen im 17. jahr-
hundert erzielt haben, stellte alle übrigen Glashütten vor die
schwere Aufgabe mit diesen Leistungen in Wettbewerb zu treten.
Schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts setzen in den zahl-
reichen Glashütten des Riesengebirges die Bemühungen ein, ver-
wandte Glasformen herzustellen und sie durch den Schnitt zu
veredeln. Aber was für ein Unterschied zwischen den dünn-
wandigen Gefäßen Nürnbergs mit den hohlgearbeiteten Schäften
und dem derben dicken Glas der böhmischen und schlesischen
Hütten mit dem Aufeinandertürmen von vollen Kugeln und Wül-
sten oder ungeschlachten Balustern als Schäften. Und was für
ein Unterschied zwischen dem miniaturhaften Schnitt auf Nürn-
26
berger Humpen und Pokalen, mit dem die Schwanhardt, Schwin-
ger, Schmidt u. a. Porträts. Landschaften und Kalligraphien her-
vorzaubern, und den unbeholfenen barocken Blumenranken und
linkischen figuralen Darstellungen auf den böhmischen und
schlesischen Gläsern der gleichen Zeit.
Um die Wende des 17. zum 18. Jahrhundert setzt sich im Glas
ein recht wesentlicher Wandel im Geschmack durch; die Gefäß-
formen werden wuchtiger, das Glas dickwandig, der zarte Tief-
sehnitt Nürnbergs weicht den kräftigen Ranken und Akztnthus-
blättern des Hochschnitts. In diesem Augenblick setzt sich die
Produktion der gräflich Schaffgottschen Glashütten im Hirsch-
berger Tal bereits entscheidend durch. Die schweren Pokale mit
den hochgewölbten Deckeln und den meist recht eigenwilligen
Schaftformen, mit den Ranken, Wappen und Spiegelmonogram-
men lassen sich aus der Glasproduktion dieser Zeit nicht mehr
wegdenken.
Nach diesem Intermezzo des Hochsehnitts wenden sich die Glas-
schneider wieder mehr dem Tiefsehnitt zu, der ja weitaus grö-
ßere Feinheit in der Arbeit zuläßt. Und nun entwickeln die
Glashütten des Riesengebirges Schritt um Schritt sowohl ihre
Gefäßformen als auch ihre Abwandlungen des Schnittdekors.
So wie seinerzeit die Glashütten Muranos legen die böhmisch-
sehlesischen Glashütten des 18. Jahrhunderts das Hauptgewicht
auf eine tektonisch klare und ausgewogene Lösung des Gefäßes.