Abb. 6. Das Schlafzimmer des
Hausherrn. Über dem Bett das 1,90
zu 1,63 Meter große Ölgemälde „Die
Braut" von Gustav Klimt. Diesem
Bild ist Ucicky fünfzehn Jahre lang
nachgegangen, bis er endlich die Ge-
legenheit bekam, es zu kaufen. Es
ist das letzte, unvollendete Bild
Klimts. Der Tod hat ihn aus dieser
Arbeit gerissen. Rechts unten sieht
man mit Kohle skizzierze Striche auf
der nur grundierten Leinwand. Das
Bett ist wieder eine Spezialanferti-
gung nach einem Entwurf des Ar-
chitekten Arthur Berger. Ein Bieder-
meier-Nähtischchen dient als Nacht-
tisch.
Einfluß wäre der Ruhm der Wiener Werkstätte nicht denkbar
gewesen. Und man kann mit Sicherheit darauf warten, daß die
internationalen Kunstkenner eines nicht fernen Tages (Justav
Klim: neu entdecken.
Kein Wunder, daß man zwischen diesem Reichtum in der Woh-
nung des Filmregisseurs im ersten Augenblick vieles übersieht,
das wohl wert ist, beachtet zu werden: zahlreiche antike Holz-
skulpturen, russische Ikonen. Putten. alte Wiener Stiche und eine
kleine Olskizze einer Landschaft von Renoir.
Gustav Ucieky ist ein Fanatiker des Stilvollen. Der abendliche
Gast trinkt aus bezaubernden Barockgläsern, speist aus altem
Geschirr an einem Tisch aus dem 17._]ahrhundert beim Kerzen-
schein von zwei Alt-Wiener Leuehtern. Und zum Schlull hat
dann der Hausherr noch eine Überraschung für ihn bereit: er
führt ihn durch eine der beiden großen Flügeltüren des Wohn-
zimmers hinaus auf einen neun Meter langen Südbalkon. Dort
grüßt ihn Wien - die Dächer von Wien, die Türme der Votiv-
kirche, der Stephansdom, das alte Wahrzeichen Wiens, und seine
neueren, heißumstritlenen Wahrzeichen, die Hochhäuser. In der
Ferne verdämmern Reichsbrücke und Riesenrad. Ein letzter
rosiger Hauch fährt liebkosend über die Stadt. Und wenn man
an einem jener unvergleichlichen lauen Wiener Frühlingsabende
buchstäblich über den Kerzen der blühenden Kastanienbäume
sitzt, die ihre Zweige bis an den Balkon strecken, wenn man von
oben herab auf das Berehtold-Palais blickt, das vornehme, in
dämmriger Schlaltrunkenheit liegende Vis-il-vis, wenn die Vögel
in einem immer wieder letzten Zwitschern die Nacht nicht wahr
haben wollen, bis endlich die Konturen der Votivtürme immer
lauer werden und in der Dämmerung verlöschen _ dann meint
man plötzlich, ein letztes Mal, einen Hauch jener Atmosphäre
zu spüren, die, unvergänglich, in den Werken des großen Künst-
lers weht. U. K.
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